Manchmal habe ich auch nach dem fünften Hören noch keine genaue Idee, wie ich den Output einer Band jetzt bewerten soll. Besonders oft passiert das bei jungen Bands, deren Debütalben oder -EPs mir vorliegen. BLOODSTAINED GROUND sind so ein Fall, eine relativ junge Band aus der Schweiz, die, nach einer Demo-EP aus dem Jahre 2008, nun via Quam Libet Records ihr Debütalbum „The Human Parasite“ veröffentlichen. Darauf ist Melodic Death Metal zu hören, der zwar erstmal gefällt, sehr eingängig ist und es erfrischender Weise schafft, modern, aber nicht „-core“-versetzt zu klingen. Unterlegt ist das Ganze mit sozialkritischen und/oder sehr persönlichen Lyrics, die ebenfalls gefallen. Warum dann keine „richtig gute“ Bewertung?
Zunächst einmal: BLOODSTAINED GROUND machen nicht wirklich was Neues. Die Riffs sind, bei aller (live mit Sicherheit sehr mitreißenden) Eingängigkeit, so ähnlich schon tausend Mal gehört worden, auch wenn die fünf Schweizer durchaus mal volle Kanne ins Schwarze treffen: Die Riffs und Leads in „Deserts of Blood“ oder „Remission“ sind durchaus echte Hinhörer und kommen richtig geil. Ein weiterer Pluspunkt: Der Gesang, der technisch gut gemacht und sehr verständlich ist, aber andererseits auch teilweise ein bisschen teilnahmslos und unberührt wirkt. Außerdem muss auch hier eingeschränkt werden: Hat man schon mal gehört. Sogar bei den ganz Großen: Besonders für die Screams und Shouts lässt sich einiges an Querverweisen finden – so ähnelt die Stimme von Sänger Roger Rüfenacht, wenn er sich in höhere Gefilde begibt, ziemlich der von IN FLAMES‘ Anders Friden (wobei der Herr Rüfenacht da natürlich wenig für kann), was die Art der Intonation der Vocals angeht, fühle ich mich immer mal wieder an den Gesang von Mikael Stanne (DARK TRANQUILITY) erinnert. Wobei die Screams definitiv den besseren Teil der Vocals darstellen, denn die Growls von Rüfenacht sind dann eben die bereits genannte teilnahmslose Seite der Gesangsmedaille – für gute Growls reicht es halt nicht aus, einfach nur tief zu kommen.
Das klingt jetzt überwiegend negativ – ist aber nicht so gemeint. „The Human Parasite“ ist kein schlechtes Album, definitiv nicht. Wie bereits gesagt ist es BLOODSTAINED GROUND löblicher Weise gelungen, ein Melodic-Death-Metal-Album zu schreiben, welches sehr modern klingt, aber zur Abwechslung mal nicht in Metalcore-Gefilden wildert.
Apropos Abwechslung: Auch da kann das Album was, obwohl der Großteil des Materials durchaus im Midtempo-Bereich angesiedelt ist, gibt es immer mal wieder Uptempo-Ausflüge, die Songs sind nachvollziehbar, aber nicht zu einfach strukturiert, der zwar nicht überaus, aber immerhin einigermaßen wandlungsfähige Gesang von Roger Rüfenacht tut sein Übriges, sodass „The Human Parasite“ zumindest einmal ein Mindestmaß an Abwechslung bietet. Und gegen ein gewisses Maß Eingängigkeit ist ja auch nichts einzuwenden – wenn man es nicht übertreibt. Diese Grenze zwischen angenehmem Maß an Eingängigkeit und zu viel davon ist allerdings ein sehr schmaler Grat, auf dem BLOODSTAINED GROUND über (fast) die volle Spielzeit eher wanken als wandern.
Unter’m Strich … weiß ich immer noch nicht genau, was ich damit anfangen soll. Ja, „The Human Parasite“ gefällt mir, geht mir gut ins Ohr, kann mich bis zu einem gewissen Grad begeistern. Aber das lässt mich nicht über die Tatsache hinwegsehen, dass es hier durchaus noch einige Mängel gibt: Schon mal gehört, trotz Bemühen um Abwechslung viel Midtempo, soundtechnisch ist das alles auch relativ glattgebügelt, alles in allem machen BLOODSTAINED GROUND Musik, die relativ kurzlebig ist und nicht wirklich lange im Ohr bleibt. So frage ich mich, wie oft ich, wenn diese Review erst einmal auf metal.de zu lesen ist, wohl das Album nochmal aus dem Regal nehmen werde. Schwierig zu sagen, kaum abzusehen, aber eine wirkliche Empfehlung kann ich nicht aussprechen.
Dementsprechend vergebe ich fünf Punkte – für ein Album, welches zwar definitiv seine positiven Seiten hat, von dem ich aber nicht glaube, dass es bei mir persönlich oder in der Szene insgesamt bleibenden Eindruck hinterlassen wird. Allerdings: Live dürfte das ordentlich abgehen, dementsprechend spreche ich jedem Freund von modernem Melo Death mal vorsichtig die Empfehlung aus, die Augen nach Gigs der Schweizer offen zu halten.
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