Verwirrung! „Visions Revealed“, das Debüt der Amerikaner BLOODLINE SEVERED empfängt einen mit sphärischen Klängen und einer weiblichen Stimme, die bestens dazu geeignet wäre, selbst dem härtesten Kerl die Vorzüge von blumig duftender Handwaschseife verständlich und erstrebenswert zu machen.
War hier nicht eigentlich die Rede von technisch ausgereiftem, brutalem Death Metal? Jetzt bin ich aber mal gespannt, was da noch kommen mag!
Der Opener „Reborn“ weckt auf jeden Fall mein Interesse, klingt er doch zuerst so überhaupt nicht nach derzeit aktueller amerikanischer Ware. Vielmehr hat sich die Band von melodischem Black/Death Metal inspirieren lassen, wie man ihn eigentlich eher in Europa erwarten würde. Zur tadellosen technischen Darbietung (garniert mit feinen Soli) gesellt sich eine hasserfüllt kreischende Stimme – hört sich gut an! Aber Moment mal: Aus dem Gekreische dringen ständig Worte wie „Errettung“ und „Gott“ an meine Ohren. Die werden doch nicht etwa…? Ab ins Internet, Gewissheit verschaffen, und ja, sie tun es doch: christlicher Black Metal. Oh Gott! Ich würde mich zwar als weitestgehend tolerant bezeichnen, aber das macht für mich soviel Sinn, wie vegetarischer Wurstsalat.
Okay, Schock überwunden. Wie geht es weiter? Zumindest diesen ersten Track müsste man dem neu gegründeten Genre zuordnen. Was folgt ist nämlich doch ziemlich gewöhnlich. Beim klar gesungenen Refrain von „Reborn“ hätte ich es mir eigentlich denken können. Stark metalcorelastiger Melodeath steht auf dem Programm. Das Schema des klaren Refrains kombiniert mit der geschrienen Strophe bleibt erhalten. Zum Glück klingt die Gesangsstimme nicht (wie man es erwarten könnte) besonders weinerlich, sondern eher kräftig, so dass dieses Stilmittel in Ordnung geht. Dafür wechselt der Sänger vom heiseren Kreischen des ersten Liedes jetzt in eine sehr hardcorige Gangart.
Im Verlauf der Platte gibt es kaum Neuerungen im Klangbild der Band. BLOODLINE SEVERED setzen doch recht stark auf die KILLSWITCH ENGAGE-Karte. Bis „Coalition“ mit verstärktem Einsatz der Keule und „Ufftaparts“ aus Schwedenhausen aufwartet.
Zum Abschluss wird es aber richtig gefühlvoll. Ein gemischtes Duett zu entspannten Gitarrenklängen lässt Gedanken an EVANESCENCE wach werden. Den Übergang zum zweiten Teil des Liedes, der erneut in einem furiosen Solopart endet, markieren herzhaft tiefe Growls und anziehende Gitarren. Schön.
Man merkt, dass BLOODLINE SEVERED mehr draufhaben, als die durchschnittliche Metalcorecombo. Doch leider suchen die Jungs ihr Heil zu oft im traurigen Trendsumpf. Dennoch muss man ihrem Debüt eine eigene Note bescheinigen, die sie durch das saubere Gitarrenspiel und ziemlich genrefremde, bzw. genreunübliche Einflüsse erreichen.
Besser als der Durchschnitt!
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