Blood Incantation - Hidden History Of The Human Race

Review

Soundcheck November 2019# 4 Galerie mit 20 Bildern: Blood Incantation performing Timewave Zero - Roadburn Festival 2024

Einen überlangen Schlusstrack mit dem kurzen, knackigen Titel „Awakening From The Dream Of Existence To The Multidimensional Nature Of Our Reality (Mirror Of The Soul)“ haben sich BLOOD INCANTATION auf ihrer neuen Platte „Hidden History Of The Human Race“ einfach mal gegönnt. Klar, nach nach einem derartig raketenhaften Aufstieg, den sie mit ihrem Full-Length-Debüt „Starspawn“ hingelegt haben, darf man sich mit etwas kosmischem Wortsalat auch mal selbst auf die Schulter klopfen. Und der „raketenhafte Aufstieg“ ist natürlich metaphorisch gemeint, denn die Band geistert ohnehin schon hoch oben bei den Aliens herum. Warum also Eulen nach Athen tragen?

BLOOD INCANTATION servieren kosmische Tech-Kost

Und in den (wiederum metaphorisch gemeinten) oberen Sphären werden die Jungs mit Sicherheit auch mit „Hidden History Of The Human Race“ nicht nur verweilen, sondern sogar noch weiter in diese vordringen. Schon das Coverartwork der neuen Platte, aus dem Pinsel des britischen Fantasy- und Sci-Fi-Illustrators Bruce Pennington stammend, ist im besten Sinne der Worte zum Schießen und entgegnet dem subtil suggerierten, kosmischen Horror des „Starspawn“-Motivs mit dem käsigsten und geilsten Alien-Quatsch, den man sich diesseits der antiquierten Prä-HR-Giger-Alien-Hysterie aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts ausdenken kann. Ein Fest für Giorgio A. Tsoukalos und einen jeden Aluhutträger, wenn man so möchte.

Ungeachtet des visuellen Cheese-Faktors bieten BLOOD INCANTATION auf „Hidden History Of The Human Race“ jedoch passend zur kosmischen Thematik mehrfach verwinkelten und doch trocken herunter gezockten Tech Death mit ausgeprägtem Hang zur Atmosphäre. Klingt also schon mal nicht nach klassischer Keule in die Fresse. Aber dass wir vom Höhlenmenschen abstammen, steht bei den Herren aus Denver sowieso nicht zur Debatte. Es sind eh immer die Aliens dran schuld. Und so bescheren uns die Herren hier ein zerebrales Mahl fürs Köpfchen, das sich im Gegensatz zum Vorgänger etwas klarer produziert und strukturierter, aber nicht weniger finster und kryptisch präsentiert.

Die stimmungsvolle, erbarmungslose Kälte des Weltraums

Etwas spezifischer auf „Hidden History Of The Human Race“ bezogen gesprochen begegnen dem Hörer hier technisch anspruchsvoll, aber nicht masturbativ gespielte Songs, an denen man trotz einer knappen Gesamtspielzeit von 36 Minuten lange zu knabbern hat. Die kalte, durch Hall-Effekte unterstützte Atmosphäre arbeitet wunderbar mit dem komplexen Songwriting zusammen, sodass man tatsächlich den Eindruck einer extraterrestrischen Beseelung der Musiker gewinnt, die ihre in sich verschlungenen Songbollwerke mit einer fast lockeren Selbstverständlichkeit darbieten. Und mit Paul Riedl hat die Band zudem einen großartigen Sänger am Mikro, der dank seiner tiefen, ebenfalls mit Hall versehen Growls zur außerweltlichen Atmosphäre beiträgt.

Wenig überraschend begegnet einem auf „The Giza Power Plant“ dem Titel gemäß ein wenig subtiler Wink in Richtung NILE. Doch auch die reine, metallische Klangästhetik ruft deren Sound das ein oder andere Mal in Erinnerung, man nehme zum Beispiel die treibenderen Knüppel-Parts im Opener „Slave Species Of The Gods“. Doch was den technischen Charakter des Riffings angeht, so hat „Hidden History Of The Human Race“ auch eine erfrischende Idee GORGUTS verpasst bekommen, die vor allem in den dissonanteren Passagen zum Vorschein kommt. So scheinen diese in der treibenderen, zweiten Hälfte von „Inner Paths (To Outer Space)“ wunderbar durch, die sich aus dessen psychedelischer Klanglandschaft heraus subtil und bedrohlich erhebt.

„Hidden History Of The Human Race“ ist kompakt und doch gehaltvoll

Die ersten drei Tracks der Platte kommen dabei in mundgerechte Stücke zerhackt daher, sofern man sich nicht vor Spielzeiten über der Fünf-Minuten-Marke ekelt. Verdauungsarbeit muss dennoch reichlich geleistet werden, denn trotz klarer Produktion sind die Songs ungemein sperrig geraten. Die Band setzt immer wieder Ankerpunkte in Form von stimmungsvollen Melodien oder rhythmisch einschlägigen Breaks, an denen man als Hörer andocken kann. Und generell lassen BLOOD INCANTATION genügend Raum zum Luftschnappen – wie erwähnt halten sie ihre Wichsgriffel im Zaum. Doch wenn man sich als Hörer nicht aufmerksam an den Songs festkrallt, schüttelt einen spätestens der nächste Hakenschlag wieder ab.

BLOOD INCANTATION bleiben also kompromisslos, was den Grad an Komplexität angeht. So richtig Maulsperre bekommt man dagegen beim abschließenden Monstrum, das die Band wie anfangs bereits erwähnt mit „Awakening From The Dream Of Existence To The Multidimensional Nature Of Our Reality (Mirror Of The Soul)“ ebenso monströs betitelt hat. Stolze 18 Minuten bringt dieser epochale Rausschmeißer auf die Uhr. Und waren schon die vorangegangenen Tracks nicht gerade linear, so gleicht der Longtrack, dessen Titel ich nicht noch einmal ausschreiben werde, einem wahren Tech-Death-Labyrinth, das seine Hörer ein ums andere Mal verstört und orientierungslos in eine Sackgasse laufen lässt.

BLOOD INCANTATION ziehen ihre Hörer in den Irrgarten hinein

Die US-Amerikaner haben mit „Hidden History Of The Human Race“ ein wahrhaft andersweltliches Werk geschaffen, bei dem normalsterblichen Hörern schon mal das Hirnschmalz aus den Ohren laufen kann. Der vertrackte Sound ist jedoch derart selbstverständlich und locker in Szene gesetzt, dass man sich hiervon gerne immer und immer wieder die Hirnwindungen durchkneten lässt. Das Album packt seine Hörer und zieht sie hinab in diesen alptraumhaften, kosmischen Irrgarten, dessen verwinkelte Gänge BLOOD INCANTATION spätestens mit „Starspawn“ ausgebaut haben. „Hidden History Of The Human Race“ füllt diesen nun mit Leben. Unaussprechlichem, furchteinflössendem Leben…

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19.11.2019

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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17.04. - 20.04.25Inferno Festival 2025 (Festival)Abbath, Behemoth, Satyricon, 1349, Dødheimsgard, Necrophobic, Tiamat, Batushka, Syn, Udåd, Spectral Wound, In The Woods..., Attan, Sibiir, Violent Magic Orchestra (VMO), YR, Malum, UMA, Gaerea, Blood Incantation, Kylesa, Septicflesh, Rosa Faenskap, Ponte Del Diavolo, Non Est Deus, Aeternus, Toft, Minami Deutch, John Cxnnor, Feral Nature, Kirkebrann, Svart Lotus, Nel Buio, Coven, Cadaver, Aura Noir, Rotting Christ, Schwein, Angist, Abyssic, Seth, Negative Plane, Vorbid, Arv, Bolverk, Crest Of Darkness, IHXHI, Aasar, Lamentari, Schammasch, Naglfar, Tsjuder, Thus, Nattverd, Bythos, Celeste, Vingulmork, Messier 16, Magister Templi, Hate Angel, Dizmal und BismarckRockefeller, Oslo

10 Kommentare zu Blood Incantation - Hidden History Of The Human Race

  1. der holgi sagt:

    Die Produktion ist phänomenal, es hat Treys Gitarrensound aus der Mitte 90er Ära, und auch bei den Riffs hat man sich ab und an beim Morbid Angel Gitarristen inspirieren lassen, ist ok.

    Gefällt mir.

    9/10
    1. ClutchNixon sagt:

      Leider hat die Band kein Timing, aber anhören werde ich es mir, wenn es Freitag rauskommt 😉

      1. nili68 sagt:

        Ich hätte auch gerne so’n Gehör wie du. Was du immer alles raushörst.. aber ob das immer von Vorteil ist? Wenn irgendwas am Schlagzeugspiel nicht stimmt, was ein Normalsterblicher gar nicht hört und es einem dann einen ansich guten Song vermiest, weil man nur noch darauf achtet oder irgendwas mit dem Sound ist, wo ich oft nicht mal weiß, wovon du redest.. lol

      2. ClutchNixon sagt:

        Das liegt an auch an meinem Drummer, ein ausgesprochener Timing Nazi. Seit wir zusammen spielen, höre ich Musik tatsächlich nochmal anders, aber du hast recht: Es kann gewaltig nerven. Ich bemühe mich jedoch um Besserung 😉

  2. Schraluk sagt:

    Dem ist kaum was hinzuzufügen, großartige Rezension. Man kann nicht genug gratulieren zu dem wirklichen Quantensprung in Sachen Sound. Der war auf dem Vorgänger sehr enttäuschend. Geiles Album!

    9/10
  3. ClutchNixon sagt:

    So: Nach zwei Durchgängen ist mir das en Gros zu schwurbelig in Sachen Atmo und recyceltes Riffing, welches in seinen Layern allzu oft gute, alte Bekannte zitiert, die ich hier unter uns DM Connaisseuren wohl nicht aufzählen muss 😋 Die Produktion, hier bereits hochgelobt, ist befreit von jeglichem Druck, ebenso der Hall-vermüllte Gesang. Keine Ahnung warum, die so angesagt sind, erschien doch 2019 bereits so viel Besseres in Sachen Death Metal. Und auch die kurze Spielzeit fällt gar nichts ins Gewicht. Zumindest ich war das eine oder andere Mal versucht zu skippen *Gähn*

    5/10
    1. royale sagt:

      für hört sich das nach „die schlechtesten momente von cannibal corpse“ gepresst auf vinyl an.
      fünf punkte von mir, wobei zwei fürs cover draufgehen. schade hab echt viel mehr erwartet und wurde bitter gelangweilt.

      5/10
  4. Watutinki sagt:

    Ich finde die 9 Punkte durchaus berechtigt, geile Kombi aus Melodie und kompromissloser Brachialität. Viel besser als die letzte Coprse, weil wesentlich differenzierter. Mit dem Schlagzeug werde ich aber nicht ganz warm, klingt mir vom Sound her etwas zu platt.

    8/10
  5. Vlad_the_Impala sagt:

    Also ich muss schon sagen, Ich hatte Spaß! 🙂 Überzeugt/triggert/befriedigt mich auf allen Ebenen.
    Das ist so die Art (US) Death Metal, wie ich ihn am meisten mag.
    Keinen Plan, was es an der Produktion auszusetzen gibt. Für mich ist die genau richtig. Halbwegs organisch, nicht überquantisiert, Höhen nicht unnötig gehypet. Nice.
    Locker 9/10.

    9/10
  6. deadhouse sagt:

    Grandioses Album. Super Produktion. Einziger Kritikpunkt ist der 3. Song, bzw. die geringe Spielzeit von etwas mehr als 30 Minuten, da hätte man sich den „Lückenfüller“ sparen können. Von daher nur 8/10

    8/10