Blood Incantation - Absolute Elsewhere

Review

Im vergangenen Sommer durften wir in den Hansa Studios schon schnuppern und visionieren. Nun können wir das Ergebnis des Berlin-Trips der Band in seiner Gänze genießen. BLOOD INCANTATION sind von Anfang an ein kleines Mysterium und umschließen zu viert neben ihrer Affinität zum Death Metal der 90er auch ein sehr vielfältiges Spektrum an rudimentären Einflüssen, das vom Krautrock der 70er Jahre bis hin zu Elektro- und Ambient-Bands reicht.

Nachdem Erfolg von „Hidden History Of The Human Race“, folgte dann das komplette Ambientalbum „Timewave Zero“, das in dieser Form niemand erwartet hätte. Mit der Veröffentlichung vom „Luminescent Bridge“ Anfang des Jahres gab es einen ersten Appetithappen, der jedoch stilistisch eher nach Genrespaltung als nach Vereinigung klingt.

Ein Trip zur Sonne

Nach dauerhafter Rotation und Reflexion der Musik und der Inhalte muss man das Projekt als durchweg gelungen bezeichnen. Der Albumtitel „Absolute Elsewhere“ in seiner Mehrsinnigkeit (skurriles Projekt des ehemaligen KING CRIMSON-Drummers, das sich mit Space-Inhalten von Erich Von Daniken-Stories befasst) könnte kaum besser passen, denn bei aller Liebe zum Death Metal vereinen BLOOD INCANTATION musikalisch alles, was sie wollen und scheren sich wenig um konventionelle stilistische Abgrenzungen.

Die beiden über 20-minütigen Tracks, strotzen vor Artenvielfalt und auch wenn das Ganze sicher auch als Einzelsongs funktioniert hätte, erfährt das Album mit der Synthese und Zusammenführungen aller Elemente einen sehr symbolischen Charakter.

Der Stilmix der beiden Tracks vereint die bekannte 90er Death Metal-Seite der Truppe mit Space-Synthie, Progressive- und Krautrock. Die Mischung ist ebenso visionär wie brutal und zeigt, wie weit sich BLOOD INCANTATION von Konventionen entfernt haben. Dabei ist die Death Metal-Seite der Platte nach wie vor spektakulär und punktet mit großartigem Riffing, packenden Flageoletts, die bereits auf den ersten Alben der Band angedeutet zu hören waren. Im Kontext von „Absolute Elsewhere“ wird die Materie jedoch extravagant ‚spacig‘ mit vielen unerwarteten Elementen kombiniert, die bei dem breit gefächerten Musikgeschmack der Band aber grundsätzlich ihre Liebe und Affinität bei aller Experimentierfreude immer wieder zum Kern ihrer Musik zurückführen.

KLAUS SCHULZE meets MORBID ANGEL

Der nicht einmal 45-minütige Trip verläuft unerwartet flüssig und kurzweilig. Die Band scheut sich nicht, harte Death-Metal-Riffs mit verträumten Rock- und Keyboardparts zu kombinieren. Unerwartet ist die Zusammenarbeit mit den Musikern von TANGERINE DREAM und HÄLLAS, die weniger metallische Nuancen zu den Tracks beisteuern. Hier steckt die Liebe zum Detail in den vielen Spielereien, die es zu entdecken gilt.

Bei allem Death Metal heißt es für Fans der Band doch ganz klar, die Scheuklappen abzulegen und in die komplette Vision einzutauchen. Rein von der Produktion besitzt „Absolute Elsewhere“ alles, was die Band auszeichnet und bei aller Härte ist genügend Spielraum für emotionale Augenblicke und unerwartete Space Parts, die insgesamt flüssig ineinander übergehen.

Alles anders und trotzdem typisch BLOOD INCANTATION

BLOOD INCANTATION ist auf diesem Album das kaum für möglich Gehaltene gelungen – die absolute stilistische Synthese völlig unterschiedlicher Einflüsse, die die Band auf dem Vorgängeralbum nicht direkt miteinander verbinden konnte. Dabei verliert die Band nicht ihre Identität, sondern definiert sich einfach komplett neu. Für die Fans dürfte diese Entwicklung keine Überraschung sein, und der weltoffene, stilübergreifende Trip in extraterrestrische, philosophische Landschaften hat bislang keine intensivere musikalische Interpretation gefunden. „Absolute Elsewhere“ ist aber in seiner Vielseitigkeit absolut BLOOD INCANTATION und genau diese Mischung macht den Reiz der Platte aus.

26.09.2024

- perfection is the end of everything -

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