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1993, im Jahr nach “Somewhere…“, wurde das erste Live-Album der Krefelder veröffentlicht. Meinen persönlichen Kontakt mit den “Tokyo Tales“ hatte ich einige Jahre später – es war gleichzeitig die erste Begegnung mit BLIND GUARDIAN überhaupt. Ich war begeistert, bin es noch heute und auch wenn inzwischen wesentlich aktuellere Live-Doppeldecker auf CD sowie DVD erhältlich sind, kratzt das nicht an der Daseinsberechtigung dieser Impressionen aus Japan.
“Tokyo Tales“ ist ein majestätisches Manifest. Jeder Song auf diesem Album liegt in seiner ultimativen Version vor. Dazu gibt es kultige Ansagen und Hansi am Bass. Ein mitreißender Strudel, immer hart an der Grenze zum Volksfest, verschlingt den Zuhörer, tonnenweise Pathos, Kraft und Erhabenheit (diese Chöre!) lösen unweigerlich Gänsehäute aus, wenn nicht gerade der Zwang zum Grölen und Headbangen die Oberhand gewinnt. Das ist Metal und das sind BLIND GUARDIAN. Zudem scheint hier noch einmal der Rotz der Jugend eine Band zu überkommen, die genauso weder davor noch danach klang. Es spielt auch überhaupt keine Rolle, in welchem Umfang an diesen Aufnahmen nachträglich gebastelt wurde, denn das Ergebnis stimmt. “Tokyo Tales“ ist einzigartig.
Als exorzistische Wunderwaffe entpuppte sich das Werk übrigens auf einer Klassenfahrt nach Ungarn. Meine Ohren waren besessen von Quälgeistern wie ’Zwanzig Zentimeter’, bis die Musikanlage des Busses mit dem Heilmittel bestückt wurde. Selbiges flog zwar schnell wieder raus, aber immerhin gab es anschließend Konsensrock statt Partypop.
Die Neuauflage von “Tokyo Tales“ wurde mit etwas dynamischerem Sound (Kopfhörer und Lupe raus…) und einem Bonus-Track ausgestattet. ’Lord Of The Rings’ stört an elfter Stelle allerdings eher, da ursprünglich nur relativ harte, schnelle Nummern vertreten waren. Für Fans ist diese ganze Re-Release-Reihe bekanntlich eh nicht besonders lohnenswert, bedenkt man zum Beispiel, dass BLIND GUARDIAN noch diverse unveröffentlichte Songs in den Archiven haben dürften.
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