Blessed Child - The Burning Shade

Review

Galerie mit 17 Bildern: Blessed Child – HelmFest 2022

Dicke Eier – höhöhö! Ja, dieser Begriff dürfte auch dieses Jahr zu Ostern wieder durch diverse Stammtisch-Gruppen geistern und wird natürlich auch im Metal gerne heran gezogen. Um pseudo-lustige Ostergrüße geht es aber dieses Mal nicht, sondern um den Stil der Braunschweiger BLESSED CHILD, den diese selbst als „Big Balls Metal“ bezeichnen. Nachdem die erste, selbst veröffentlichte EP „Monolith“ im letzten Jahr allenthalben recht positiv aufgenommen wurde, haut der Fünfer mit „The Burning Shade“ nur ein Jahr später einen kompletten Longplayer raus, der mit Bonus-Tracks ganze 13 Songs umfasst. Schnellschuss oder ausgereifter Einstand?

BLESSED CHILD – Zwischen Heavy und Thrash

Was die Niedersachen nun genau mit „Big Balls Metal“ meinen, wird schon im Opener „Timid“ deutlich: Riffs zwischen klassischem Heavy Metal deutscher Prägung (gerne auch mit ACCEPT-Reminiszenzen) und ebenfalls teutonisch ausgerichtetem Thrash, treffen auf kernigen, angerauten Gesang mit teils recht plakativen „Sei stark, stell Dich Deinen Ängsten“-Lyrics. Kann man machen, ist aber natürlich auch nichts neues.

Besonders ins Auge fallen dabei die wirklich gelungen Riffs, die tatsächlich in den meisten Songs überzeugen können und wirklich Spaß machen. Auch der stampfende Beginn von „Bazooka Kiss“ ist so ein Beispiel. Überhaupt ist die Nummer ein Fist-Banger erster Güte, auch wenn das Schlagzeug hier und da mal kurz ein wenig unrund zu rumpeln scheint. Auch das nachfolgende „Century Doom Machine“ kann, neben seinem kernigen Basslauf, direkt wieder mit einem absoluten Sahne-Riff aufwarten. Allerdings scheinen BLESSED CHILD sich am Ende des Songs wohl, wie auch noch des Öfteren im weiteren Verlauf des Albums, die Kritik zur EP im Deaf Forever besonders zu Herzen zu nehmen, dass noch ein paar „flammende Leads“ fehlen. Denn ja, melodische Soli sind jetzt vorhanden, wirken aber mehr als einmal seltsam kraftlos und teilweise auch einfach holperig und unausgegoren.

Der größte Kritikpunkt an „The Burning Shade“ dürfte aber die Einförmigkeit der Songs und auch die Spieldauer sein. Natürlich, das Reibeisen von Steve Kaya macht einiges her, allerdings ist Variantenreichtum leider nicht die Stärke des Fronters. Vielmehr intoniert er praktisch in jedem Song auf die gleiche oder zumindest sehr ähnliche Art und Weise. Funktioniert als Live-Mitgröhl-Animation vielleicht super, aber bei einer Gesamtlaufzeit von fast einer Stunde sind Ermüdungserscheinungen vor der heimischen Anlage vorprogrammiert. Auch wenn das Gaspedal, wie beispielsweise im Titeltrack, stellenweise durchgetreten wird, bewegen sich die meisten Songs grundsätzlich doch eher im Mid-Tempo, was auch nicht gerade für Auflockerung sorgt.

Einiges an Potential verschenkt – „The Burning Shade“

Schickes Artwork, cooles Logo und auch ein prinzipiell stimmiges Image – besonders für eine Eigenproduktion machen BLESSED CHILD auf ihrem ersten Langeisen schon viel richtig. Auch das Talent wirklich extrem kickende Riffs zu schreiben scheint auf „The Burning Shade“ in vielen Songs durch. Dem gegenüber steht aber das untereinander zu ähnliche Material, Leads und Soli die teilweise nicht bis zum Ende ausgearbeitet wirken und ein Sänger, der zwar die Big Balls zu intonieren weiß, aber letztlich zu oft das immergleiche Rezept wiederholt.

BLESSED CHILD sind definitiv eine Band, die man im Auge behalten muss und die vor allem live sicher richtig Spaß macht. Am Ende wurde aber auf „The Burning Shade“ einiges an Potential verschenkt. Vielleicht hätte es etwas mehr Zeit zwischen Veröffentlichung der EP und einem vollen Album gebraucht, in jedem Fall hätte eine knackige Spielzeit zwischen 30 und 40 Minuten und neun bis zehn Songs der Platte gut getan. Für mehr als guten Durchschnitt reicht es dieses Mal leider noch nicht.

Hinweis: Die Bonus-Tracks „Gastown Massacre“ und „Kill Squad Bravo“ wurden zwar mit bemustert, sind aber nicht offizieller Teil des digitalen Albums und werden erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.

17.04.2022

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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