Ja, der Name BLACKMORE’S NIGHT lässt inzwischen bestimmte Erwartungen aufkommen. Mit dem nunmehr zehnten Studioalbum unter der berühmt-berüchtigten Folk- und Renaissance-Flagge treten Ritchie Blackmore und seine Frau Candice Night abermals zum Vorschein. Was aber die 50minütige Spieldauer tatsächlich erwirkt, ist eine ungläubige Miene, und die Enttäuschung beim Zuhören ist nicht zu verleugnen. Das soll nun also das Vermächtnis des einstigen Genies sein?
Doch woran liegt es? – Schon allein daran, dass es kaum möglich ist, mit gleichbleibendem Enthusiasmus das komplette Album am Stück durchzuhören. Der Namensgeber des Albums könnte genau so im 15-Uhr-Programm der Pool-Animateure im Drei-Sterne-Hotel auf Kreta hoch und runter laufen. Pop-Attitüden hat man BLACKMORE’S NIGHT nun schon länger nachgesagt, aber hier kann das nicht bestreitbare Ohrwurm-Potential dem eher platt anmutenden Songwriting kaum die Stirn bieten. Auch die Auswahl der Cover-Songs ist im Hinblick auf die gebotene Leistung leider eine absolute Katastrophe: Von „I Got You Babe“ sollte man seit „Und täglich grüßt das Murmeltier“ vielleicht doch eher die Finger lassen, und Oldfields „Moonlight Shadow“ sollte, wenn schon gecovert, dann aber mit der aufgefahrenen Originalität wirklich vom Hocker reißen können – was leider weder durch die langweilige und einseitige Instrumentierung noch den mehrstimmigen, aber leider keinesfalls mitreißenden, Gesang nicht mehr als ein mitleidiges Seufzen verursachen kann. Das soll es nun also gewesen sein?
Zwei (positive) Ausreißer hat das Album dennoch: So richtige „Lichtblicke“ liefern „The Other Side“ und „Will O‘ The Wisp“, sind diese jedoch auch tatsächlich die Inkarnation eben der Gründe, weswegen BLACKMORE’S NIGHT überhaupt ihren Ruhm erreicht haben – Renaissance angehauchter Folk-Rock mit ausgeklügelten und akkurat arrangierten Gitarrenmelodien und gesanglicher Melodieführung, die die Stimmung weiterführt, wenn nicht gar vollendet. Das war es dann aber leider auch wirklich, denn selbst die beiden Instrumental-Stücke „Allan Yn N Fan“ und „Queens Lament“ können zwar mit akribisch genau gespielten Tönen und Melodien gefallen, klingen jedoch so unspektakulär, dass man sich fragt, ob Ritchie nicht die Muse an dieser Art von Musik verloren gegangen ist.
Dies ist letztendlich auch die größte Schwäche des Albums: Fehlende Inspiration. Somit lässt sich die bereits die für „Dancer And The Moon“ ausgesprochene Kritik des langsamen aber unleugbaren Verlusts von Konzept und damit auch der BLACKMORE’S NIGHT typischen und auch wirklich notwendigen Substanz leider nicht nur bestätigen, es überrascht auch negativ, dass sich diese fehlende Inspiration bereits zwei Jahre nach dem letzten Album derart übermächtig in den Vordergrund drängt. Man vermisst nicht nur die Renaissance-Fiedeleien und Liebe zum Detail, selbst der noch stärker hervortretende Pop-Charakter vermag kaum über die eindimensionale und wenig überzeugende Songstruktur und schiere Langeweile des Spiels hinweg zu täuschen. „All Our Yesterdays“ ist mit Sicherheit eben nicht der Rückblick auf vergangene Tage und schmeckt – in der Hoffnung, nicht auch die weitere Zukunft aufzuzeigen – wie bitterer, aufgewärmter Kaffee.
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