BLACK CROWN INITIATE und ihr neues Album “Violent Portraits Of Doomed Escape” machen es einem absolut nicht leicht. Sie sind ambitioniert, sie durchdenken und wollen viel – manchmal zu viel von allem? Es vergeht ein Durchlauf, der nächste kommt; es entwickelt sich beinahe schon zum unangenehm pflichtbewussten Hören und läuft darauf hinaus, dass “Violent Portraits Of Doomed Escape” sehr viele Durchläufe benötigt, um erfasst zu werden. Die Suche nach Aufmerksamkeit haben BLACK CROWN INITIATE also für sich entschieden. Umso spannender wird die Detailanalyse dieses nunmehr dritten Albums der Band aus Pennsylvania.
BLACK CROWN INITIATE: überambitioniert und orientierungslos?
Einer der Gründe, warum “Violent Portraits Of Doomed Escape” zunächst ziemlich befremdlich wirkt, dürfte der fiese Etikettenschwindel sein, dem es unterliegt. Zwar sind Genre-Schubladen für die musikalische Qualität eher mittelmäßig ausschlaggebend; dennoch schürt die Bezeichnung “Progressive Death Metal” andere Erwartungen als, sagen wir mal, “Djent”. In letzterem halten sich BLACK CROWN INITIATE gar nicht mal so selten auf. Einige Breakdowns und Spring-Parts erinnern an MESHUGGAH und ältere TESSERACT, die porentief saubere Produktion an PERIPHERY. Soweit so gut, das ist verschmerzbar und wir vergessen für einen Moment, eben vom Promozettel reingelegt worden zu sein.
Zweitens könnte man meinen, BLACK CROWN INITIATE haben munter alles zusammengeworfen, was die Millenials in den Jahren so gefeiert haben: Neben der erwähnten Djentiness betrifft das zum Beispiel die (auch szeneweit wachsende Tendenz zu) stark nach Kemper- bzw. Axe-FX-Verstärker-Simulation klingenden Gitarrensounds. Ganz ehrlich, es ist ausgesprochen nachvollziehbar, dass diese Dinger für interkontinentales Touren Unmengen an Platz und Kohle sparen und in der Livesituation das pragmatische Nonplusultra sind. Doch bei aller inzwischen erreichten Qualität der Simulationsgeräte ist die fehlende Röhrenzerre und ungleich flachere Dynamik bei Studioaufnahmen doch nicht ernsthaft zu überhören, oder? (Es sei an dieser Stelle fairerweise angemerkt, dass Gitarrist Andy Thomas im zugehörigen Interview später versicherte, dass Röhrenverstärker benutzt wurden. – Einsichtiger Verfasser)
Jedenfalls sei gesagt, dass sich ob der zwingend zu modifizierenden Erwartungshaltung zunächst geringfügige Enttäuschung zeigt, die unbedingt überwunden werden muss, um “Violent Portraits Of Doomed Escape” vorurteilsfreie Chancen einzuräumen.
“Violent Portraits Of Doomed Escape” erfordert Zeit und Unvoreingenommenheit
Hat man sich dann erst einmal den Luxus gegönnt und das Album in unterschiedlichen Situationen, Stimmungen und Kontexten gehört, gefallen vor allem die konzeptionelle Geschlossenheit und Dramaturgie von “Violent Portraits Of Doomed Escape”. Die Akustikgitarren im Intro des Openers “Invitation” teilen sich das Motiv mit dem zweiminütigen Outro “He Is The Path”. Zudem gibt es mit “Son Of War” an zweiter Stelle und “Sun Of War” auf Position sieben Zwillingssongs, die zwar Variationen gemeinsamer Leitmotive aufweisen und dennoch sparsam mit den offensichtlichen Bezügen zueinander umgehen.
Darüber hinaus ist BLACK CROWN INITIATE ein im besten Sinne des Wortes farbenfrohes Album gelungen. Die Band verarbeitet offensichtlich eine Vielzahl von Einflüssen. Die Spanne reicht von der Dino-Cazares-Riff-Schule (z. B. in “Sun Of War”) über TOOL (“Son Of War”) hin zu OPETH (“Invitation”, “Holy Science”) und unmetallischen, selbstredend jazzigen Parts (“Trauma Bonds”). Es gelingt BLACK CROWN INITIATE dennoch, einen individuellen Stil zu kreieren, der vor allem an der eben erwähnten Vielfalt, aber auch am Gesang erkennbar ist. Die prominent platzierten cleanen Vocals von Gitarrist Andy Thomas, die wie eine Mischung aus Einar Solberg von LEPROUS und OPETH-Mastermind Mikael Åkerfeldt klingen, sorgen für Bonusmomente und sind ungleich interessanter als die etwas zu effektbeladenen harschen Gesänge von Frontmann James Dorton.
Dabei ist die Freude an Vielfältigkeit und scheuklappenfreien Einflüssen zutiefst lobenswert und keinesfalls der Stein im Wege des Erfolgs von “Violent Portraits Of Doomed Escape”. BLACK CROWN INITIATE anzulasten, sie seien orientierungslos, kann entschieden verneint werden. Ihre neuen Kompositionen möchten trotzdem manchmal zu viel und wären mit gelegentlich mehr Willen zur Reduktion oft eleganter gewesen. So ist zum Beispiel nicht ersichtlich, warum schöne, klare Passagen vom Schlagzeug mit gleich drei aufeinander folgenden, verschiedenen Patterns inklusive Blastbeat zerhackstückt werden müssen. Ebenso wirken einige Songaufbauten schwer durchdringlich, weil Ideen, die bei DREAM THEATER ein langes, virtuoses Instrumental-Interlude gewesen wären, hie und da direkt an den Anfang der Songs platziert werden. Klar, hier regiert Prog. Aber auch Prog-Bands brauchen ein schlüssiges Songwriting, um sich nicht selbst zu banalisieren.
“Violent Portraits Of Doomed Escape” – Solider Schritt mit Potential
Dementgegen umgehen BLACK CROWN INITIATE eine Eindimensionalität, die sich bereits bei vielen anderen Tech-Bands eingeschlichen hat und trumpfen mit originellen Ansätzen. Im Vergleich zu einigem älteren Material der Band ist auf “Violent Portraits Of Doomed Escape” bereits zu hören, dass sich um kohärentere Gestaltung bei gleichzeitiger Auslotung der Möglichkeiten innerhalb des Bandsounds bemüht wird. Deshalb ist davon auzugehen, dass BLACK CROWN INITIATE sowohl ein beachtliches Publikum beeindrucken und sich mit dem nächsten Album in interessanter Weise weiterentwickeln werden. Noch hindert der Eindruck, dass jede Idee zwanghaft um die Ecke verkompliziert wurde, bevor sie auf dem Album landete, zu maximaler Begeisterung über “Violent Portraits Of Doomed Escape” – doch es gibt genügend Menschen, die sich daran nicht stören werden.
Die clean Vocals sind unfassbar genial. Normalerweise artet so etwas dann in zu softe Gefilde aus, das scheint hier aber anders zu sein. Black Crown Initiate haben eine tolle Balance gefunden, wie man sie früher vor allem von Opeth kannte. Bin sehr gespannt auf das Album.
Die Musik ist halt sehr technisch und dementsprechend clean produziert… dann noch mit den cleanen Vocals nach Schema F. Für mich ist das nicht’s und hat mit den frühen Werken von Opeth nicht sehr viel gemein.
Das kann durchaus Leuten gefallen, die alte Opeth mögen, ohne wenn und aber.
Ich weiß, dass man das nicht strikt trennen kann, aber finde, dass man auch mal einen Song als Ganzes erfassen muss und nicht nur die Zutaten, ob der an sich was taugt, unabhängig vom Sound usw..
Ich würds eher mit den Opeth ab 2000 vergleichen bzw kann man die Still Life auch noch mit rein nehmen. Die ersten drei Alben würd ich ausklammern und das sind halt genau die, die mir am besten gefallen. Danach war ich mehr oder weniger raus auch wenns immer noch wirklich gut war. Spätestens mit der Hetitage war dann bei mir endgültig Schluss.
Aber ja könnte was für Opeth Fans sein, oder generell für Leute die gerne diesen sehr cleanen Tech Death Sound mögen. Find ich auch nicht verkehrt, mir gefallen da aber sachen wie Gomorrah wesentlich lieber die neben dem angesprochenen Sound noch die (für mich) nötige härte mir reinbringen.
„Schrott-Sound“ mag ich nur bei manchen Black Metal-Sachen. 😉 Natürlich kann etwas auch überproduziert, zu clean und fett sein, was hier imo aber nicht der Fall ist. Das hat halt eben nur einen Sound der sich auch nach 2020 anhört..
Mag ich!
„Die ersten drei Alben würd ich ausklammern und das sind halt genau die, die mir am besten gefallen. Danach war ich mehr oder weniger raus“
Ist bei mir zu 100% identisch.
Ich kann die Kritiken hier nicht ganz nachvollziehen. Besonders die Vergleiche mit Opeth ( still life etc. die ich sehr schätze ) sind doch ein wenig fehl am Platz.
Wenn man schon Vergleiche heranziehen möchte, dann verweise ich auf das hervorragende Album von “ Alkaloid – liquid anatomy “ , ( Musikern von Obscura, Dark Fortress, god dethroned, necrophagist ) , das zu dem Besten gehört, was ich je gehört habe. Und auch das neue Album von Black Crown Initiate hält dieses Niveau spielend. Der verspielte Tech/death gemischt mit Yes aus den 70 er Jahren fasziniert mich ungemein. Wie kann die Kritik oben den Einfluss von Yes nicht erwähnen bzw. nicht hören? Natürlich ist diese Musik nicht so eingängig – will sie ja auch gar nicht sein. Die Überschrift “ erfordert Zeit und Unvoreingenommenheit “ werte ich als absolutes Qalitätsmerkmal mit 10 Punkten, die ich nur selten vergeben würde. Man muss sich schon reinhören, aber nach einigen Durchläufen besticht das Album mit einer Musikalität und Abwechslung, die mich mit offenem Mund zurücklässt ( Pawlow lässt grüßen ) .
Mit Verlaub, aber die Rezension ist schlecht und trifft nicht im Kern den gebotenen Sound. Ob Musik gut oder schlecht ist ist ja bekanntermaßen eine subjektive Geschichte, das ist auch gut so. Aber wenn man schon mit ‚Etikettenschwindel‘ einsteigt, dann könnte man stattdessen mal die eigene Erwartungshaltung hinsichtlich einer Schublade überdenken, statt Musik zu beschreiben, die nicht angeboten wird. Tesseract, Leprous, DJent? Bitte was? Gibts hier doch alles gar nicht. Bis auf ‚Holy Silence‘ höre ich auch kein Meshuggah raus. Stattdessen viele Verbeugungen Richtung 70s und wie bereits erwähnt Yes, teilweise Genesis und Rush und Opeth und eine ganz eigene Interpretation und Vorstellung von Progressivem Metal mit verschiedenen Vocal-Sounds. Und….vermutlich auch eine ausgestreckte Zunge an irgendwelche Rezensenten, die ohne den Ansatzpunkt ‚hab ich schon mal gehört‘, ‚erinnert mich an…‘, oder ‚gehört in die und die Schublade‘ Platten besprechen.
Platte ist übrigens groß!