Big Wreck - Grace Street

Review

Ähm, hab ich aus Versehen die neue von COLDPLAY eingelegt? Nee, ein Blick auf den Player verrät mir, dass es sich hier tatsächlich um „Grace Street“ von BIG WRECK handelt. Nach 30 Sekunden setzen dann zum ersten Mal die Gitarren ein. Geht doch!

Frontmann Ian Thornley erinnert im weiteren Verlauf der Platte auch eher an Chris Chornell denn an Chris Martin. Trotzdem bleibt ein gewisses Pop-Appeal die gesamte Laufzeit über bestehen. „One Good Piece Of Me“ könnte locker auf 1Live und Konsorten ein neues Zuhause finden. Die Gitarren sind zwar da, klingen aber immer glattpoliert. Dazu gesellen sich einprägsame Melodien in den Refrains. Das Ganze dann verpackt in drei bis vier Minuten. Fertig ist der Radio-Hit. Ist alles ganz nett, aber auch befreit von jeglichen Ecken und Kanten. Ein bisschen gerockt wird trotzdem, in „Tomorrow Down“ zum Beispiel. Natürlich nicht zu hart. Könnte ja sein, dass das Mainstream-Publikum sonst noch verschreckt wird.

BIG WRECK können auch anders

Ein paar Überraschungen gibt es aber auch. So setzen BIG WRECK in „You Don’t Even Know“ etwa auf funkige Rhythmen. Das wirkt direkt wesentlich glaubwürdiger als die Versuche, eine harte Rockband zu sein. Mit „Useless“ gibt es noch die obligatorische Akustik-Ballade. „A Speedy Recovery“, der längste Track der Platte, erinnert mit seinen abgefahrenen Drumbeats an RADIOHEAD. Abwechslung wird bei BIG WRECK großgeschrieben. Und das ist auch die größte Stärke von „Grace Street“. Denn wenn die Schemata des Radio-Pops ignoriert werden, entstehen auf dem Album durchaus spannende Songs, die alles andere als 08/15 sind. Doch leider gilt das längst nicht für das gesamte Material.

„Grace Street“ ist eine verdammt zweischneidige Angelegenheit. Auf der einen Seite stehen ungewöhnliche Songs mit spannenden Rhythmen. Auf der anderen Seite aber überwiegt die Zahl der Songs, die eindeutig auf das Radio abzielen, wodurch die Platte oft an Fahrt verliert. Handwerklich lassen BIG WRECK hingegen nix anbrennen. Alles in allem ist „Grace Street“ ein solides Album mit gelegentlichen Ausreißern nach oben.

26.01.2017

"Irgendeiner wartet immer."

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