EIN SUBGENRE UND SEIN STATUS QUO
NIGHTWISH sind längst ganz oben, EPICA folgen in immer kleiner werdendem Abstand, und nicht weit dahinter kommen auch schon LEAVES‘ EYES, AFTER FOREVER und wie sie nicht alle heißen. Klar, der symphonisch-gotische Metal mit weiblicher Stimme floriert, und das schon seit Jahren. Was auffällt: Im Vergleich zu ähnlich angesagten Subgenres wie zum Beispiel dem Metalcore sind in den letzten Jahren im Spannungsfeld aus Symphonic, Epic und Gothic Metal wenige Retortenbands groß geworden. Man mag manchen Protagonisten der Szene Kommerz vorwerfen und hätte damit sogar insofern Recht, dass wohl wenig vergleichbar weit verbreitete Bands mehr mit ihrer Musik verdienen als zum Beispiel NIGHTWISH. (Ausnahmen bestätigen die Regel.) Aber: Keine dieser Bands wurde zusammengecastet, und alle diese Bands sind bei (wenn auch kommerziell erfolgreichen) Szenelabels wie Nuclear Blast oder Napalm Records geblieben.
BEYOND THE BLACK… THERE IS MONEY!
Universal Music und ihr Sublabel Air Force1 wollen das nun ändern: BEYOND THE BLACK heißt die Truppe, die in diesen Tagen mit „Songs Of Love And Death“ ihr Debüt über den Musikriesen auf den Markt bringt. Laut der Biographie auf der offiziellen Facebook-Seite der Band hat die Bandgründung zwar auf natürliche Weise stattgefunden (was an dieser Stelle nicht bestritten werden soll), aber „Songs Of Love And Death“ macht beim ersten Hören einen anderen Eindruck. Die knappe Stunde Musik, die BEYOND THE BLACK präsentieren, klingt derart auf Erfolg, Bekanntheit und Radioplay hin getrimmt, dass es schwerfällt, nicht „KOMMERZ“ zu brüllen.
„SONGS OF LOVE AND DEATH“: ZWISCHEN HÄRTE UND ZUCKERPOP
Zugegeben: „Songs Of Love And Death“ hat seine guten Seiten. Der bereits als Video veröffentlichte Opener „In The Shadows“ klebt mit seinem poppigen Refrain direkt im Ohr fest, ob man will oder nicht. „When Angels Fall“ reicht mit seinem epischen Bombast fast an die Großen des Genres heran. „Hallelujah“ bringt mit seinem kitschigen Beginn anfangs zwar Zahnschmerzen, entwickelt sich aber zu einer schmucken Epic-Metal-Nummer mit harten und düsteren Elementen. Nein, BEYOND THE BLACK haben keinen Reinfall produziert – denn neben der Tatsache, dass die Platte von Sascha Paeth druckvoll (wenngleich ohne echte Härte und ohne jeden Charme) produziert und von den Musikern (allesamt professionelle Berufsmusiker) technisch hervorragend eingespielt ist, können auch einige der Kompositionen an sich qualitativ überzeugen.
Doch das Album macht seinem Titel alle Ehre und bietet auf der einen Seite Metal, der hart sein möchte und diesen Anspruch an sich auch grundlegend erfüllt. Songs of Death eben. Auf der anderen Seite stehen jedoch die Songs of Love – und die bestätigen nicht nur den Eindruck von oben, dass BEYOND THE BLACK als Band nicht natürlich gewachsen sind (oder dass das zumindest auf ihr Debütalbum zutrifft), sondern sie bringen dem Album so viel Kitsch und Schmalz, dass es stellenweise hart ist, nicht die Skip-Taste zu betätigen. Man höre die furchtbar lieblich-poppigen Gesangslinien in den Strophen des Titeltracks. Man höre die schnulzig-schlimme Halbballade „Unbroken“ – BEYOND THE BLACKs „My Immortal“, falls sich wer erinnert. Und „When Angels Fall“ – weiter oben noch ob seines bombastisch-epischen Refrains lobend erwähnt – macht diesen positiven Eindruck direkt wieder nichtig, sobald in den Strophen der Zucker ausgepackt wird.
SONGS OF HUI AND PFUI
„Songs Of Love And Death“ – oder auch: „Songs Of Hui And Pfui“. Möchte man zumindest sagen, aber das stimmt nicht ganz. Denn überragend und wirklich „Hui“ sind BEYOND THE BLACK auf ihrem Debüt zu keiner Sekunde – technisch perfekt? Ja, vielleicht. Mit guten Kompositionen versehen, denen man anhört, dass Könner am Werk sind? Ja, auch das. Aber hörbar leidenschaftlich, mit Songs zum Niederknien und mit der nötigen Härte, um den Bombast auch im richtigen Licht dastehen zu lassen? Leidlich. Verschiedene Stellen auf „Songs Of Love And Death“ werden manchem Fan des Genres gefallen, aber Fans finden bei den Szenegrößen ähnliches, besseres und originelleres. Vielleicht klappt es ja für „Unbroken“ wenigstens mit dem Radio – wer weiß.
Mag keine Castingtruppe sein, klingt aber danach. Die wissen schon, was sie mit ihren Instrumenten anzustellen haben, aber ihnen wurde auch ordentlich eingetrichtert, wie man möglichst wenig Ecken und Kanten zeigt und die Hausfrauensparte mit Zuckerpop + Gitarren bedient. Irgendwie schade, weil es doch so viele Bands gibt, die sich aufgrund Originalität und ebenfalls vorhandener, spielerischer Klasse einen Vertrag viel mehr verdient hätten, als diese Within Temptation Kopie. Aber wer kann’s Universal verübeln? So ein unschuldiges Frontpüppchen lässt sich eben gut vermarkten und dass die Band da nicht „Nein“ sagt, ist ebenfalls nachvollziehbar. Nur wird mir als Hörer bei solchen künstlich hochstilisierten Copycats schlecht.