Beyond Creation - The Aura

Review

Aus Kanada kommt eine Offenbarung für Liebhaber des technischen Death Metals, der mal nicht fast ausschließlich im Midtempo dahindümpelt, wie es bei vielen anderen Vertretern des Genres der Fall ist. BEYOND CREATION ist es gelungen, einen stimmigen Kontrast zwischen langsamen, hochmelodischen Parts, die übrigens mit sehr vielen obergeilen Soli ausgestattet sind und heftigem Blast-Geballer zu kreieren. Wenn der Vierer Gas gibt, dann wird richtig schön saftig in ICE-Geschwindigkeit herumgefrickelt und kernige Nackenbrecherparts um die Ohren gezimmert. Immer wieder donnert es nach und zwischen geschmeidig wohligen Harmoniebögen amtlich auf die Zwölf. Der Hörer wird auf „The Aura“ mit einem Gewitter aus spieltechnischem Anspruch, vielen tollen Melodien und schwindelerregender Härte konfrontiert.

Das Album beginnt mit „No Request For The Corrupted“ frontal und unverblümt. Das Stück macht gleich klar, worum es bei BEYOND CREATION geht. Alle Facetten werden vorgestellt und mit dem Folgestück „Coexistence“ zum ersten Mal regelrecht zelebriert und in Perfektion wiedergegeben. Absolut fantastisch ist das Wechselspiel aus Blast- und melodischen Mid- und Downtempoparts. Erstmals tritt hier auch ganz deutlich das äußerst formidable Bassspiel von Dominic Lapointe (auch bei ATHERETIC) in den Vordergrund, der seinen Tieftöner die meiste Zeit wie eine Lead-Gitarre einsetzt und somit nicht nur Akzente setzt, sondern immer wieder das Geschehen übernimmt. Das folgende Instrumental „Chromatic Horizon“ ist eine Lehrstunde in Sachen Melodie in Kombination mit Blastbeats und dürfte so manchem Death-Metal-Liebhaber mit Hang zur Fingerfummelei eine ausgebeulte Hose beschehren.

„Omnipresent Perception“ stellt für mich persönlich ein übergeordnetes Ereignis unter den ohnehin vielen Höhepunkten des Albums dar. In der Mitte des Songs gibt es nach einem einfach nur toll klingenden Hammering einen wahnwitzigen Gravityblast, der dir in Sachen Drumspeed regelrecht die Schuhe auszieht. Zudem gibt es in der zweiten Hälfte ein Basssolo (!), das nicht nur aus ein paar netten Fülltönen besteht, sondern filigran wie ein reguläres Gitarrensolo gezockt wird. Meiner Meinung nach absolut atemberaubend! Immer wieder fällt auf dem Album übrigens auch der verdammt starke Gesang ins Gewicht, der zwischen tiefem, jedoch nicht eintönigem Gegrunze und fiesem, stellenweise besonders derb betontem Gekreische pendelt.

„Injustice Revealed“ und „Le Détenteur“ können den entfachten Zauber mühelos halten, während das Titelstück noch einmal einen obendrauf setzt, technische sowie melodische Akzente neu setzt und zum konzentrierten Hinhören animiert. „Social Disability“ steht dem in nichts nach und „Elevation Path“ leitet „The Deported“, den musikalisch wie thematisch genialen Ausklang des Albums, passend ein. Dieses Lied ist ein elfminütiges Monster aus eindrucksvoller Technik, wechselnder Geschwindigkeit und superben Melodien, die es in derartiger Qualität nicht oft von Death-Metal-Bands zu hören gibt. Hier geben Simon Girard (Gesang, Gitarre), Kévin Chartré (Gitarre), Guyot Begin-Benoit (Schlagzeug) und Dominic Lapointe (Bass) noch einmal all ihr Können sehr eindrucksvoll zum Besten.

Für mich persönlich ist „The Aura“ ein Meisterwerk des technisch-melodischen Death Metals, das seinesgleichen sucht. Hier stimmt einfach alles. Von der fetten und modernen, jedoch nicht übertrieben sterilen Produktion, für die übrigens Christian Donaldson von CRYPTOPSY verantwortlich ist, über das schlicht und ergreifend für diese Art Musik perfekte Songwriting bis hin zum musikalischen Anspruch und der Durchschlagskraft ist das Album absolut rund und macht neugierig auf mehr von dieser Band.

Wieso zum Henker schlagen sich derart geniale Musiker immer nur am Rande des Musikgeschehens herum und werden nicht mit einem ordentlichen Deal eines Szene-Majors beehrt? Unverständlich, denn Verdient haben es BEYOND CREATION definitiv. Hier ist eine kleine Verbeugung fällig.

28.12.2011
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