Man möchte es nicht für möglich halten, aber es gibt noch positive Überraschungen, im Review-Stapel so gut wie im Black-Metal-Sumpf. Von BERGRAVEN, Soloprojekt aus Schweden, habe ich wirklich noch nicht nur einen Ton oder eine Silbe gehört, und außer einem Demo vor zwei Jahren gibt es auch noch keine Tonträger zu erstehen. Jetzt mit „Fördärv“ ein mehr als respektables Debüt-Album vorzulegen ist eine Leistung, über die man nicht so einfach hinwegsehen sollte.
Bergraven, Mann hinter BERGRAVEN (hättet Ihr jetzt nicht gedacht, oder?), hat in seinen 7 Songs das zumeist Beste aus vielen Richtungen zusammengetragen, als da wären: die langgezogenen, gitarrenbetonten Parts der zweiten Hälften der letzten beiden SATYRICON-Alben; die Schrägheit der ersten DØDHEIMSGARD; die kaputten Drumcomputer-Patterns von THORNS; das Depressive alter SHINING; die elektroakustischen Gitarren von FORGOTTEN TOMB, und sicher noch einiges mehr. Alle Einflüsse hat er vermittels einer wirklich anständigen Low-Budget-Produktion zu einem Album gegossen, das zumindest in der ersten Hälfte wirklich begeistern kann. Die Riffs sind einprägsam, die Melodien anregend, die Stücke abwechslungsreich, die Stimmung intensiv. Die ersten vier Stücke klingen norwegischer, als es einem Schweden erlaubt sein kann. Ab dem fünften Stück flacht die Platte merklich ab, und zwar ruckartig und radikal. Das kann man allerdings niemandem richtig krumm nehmen – es gibt Bands, die es schaffen, ausschließlich mit B-Seiten-Qualität ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Schlecht sind auch die letzten 3 Stücke nicht, aber zu Freudensprüngen reißen sie mich auch wieder nicht hin.
Nach mehreren Hördurchgängen fallen zudem einige Schwachpunkte wirklich ins Gewicht: der Gesang dürfte gerne etwas kränker sein, verhallter und inbrünstiger, und vielleicht wäre es keine üble Idee gewesen, das streckenweise sehr preiswert klingende Computer-Schlagzeug besser in natura aufzunehmen. An Musikern dürfte es in Schweden noch immer nicht fehlen, und ein paar Mäuse für die Aufnahme sollten irgendwo aufzutreiben sein. Außerdem wird das Material dem ultradüsteren Anspruch und der Selbstmordatmosphäre, die der Musiker gerne erfüllen würde, mit seinen teils recht schmissigen Parts nicht unbedingt gerecht.
Am Ende bleibt eine wirklich gute Platte, die vielleicht eher eine sehr gute Mini-CD mit 3 Bonustracks sein sollte, mit einer stilvollen Aufmachung, einem anständigen Sound und der Aussicht, es nächstes Mal noch besser zu machen. Für die erste Hälfte und die geilen Gitarren 8, für die Schwachpunkte in der Produktion und die zweite Hälfte 4 Punkte. Anstelle des Bergrabens würde ich das als provokative Aufmunterung verstehen.
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