Eigentlich bieten BEORN’S HALL alles für den tolkienaffinen Schwarzheimer. Grandioses Fantasy-Artwork, keyboardlastigen Black Metal mit dem Feeling der Neunziger und ein wunderbares instrumentales Outro, welches man neuerdings als Dungeon Synth bezeichnet. Ach ja, und der Bandname ist selbstredend auch dem Herr der Ringe-Universum entlehnt und der Möller hat für den Vorgänger „Estuary“ (2018) satte acht Punkte gezückt. Was kann da schon schiefgehen?
BEORN’S HALL stehen sich selbst im Wege…
Wenn nur der Sound nicht wäre. Oder anders. Oder überhaupt. So gut der Titeltrack „Distant Torches – Baldr’s Theme“ mit eindringlichem Gekreische, Super-Nintendo-Panflöten-Synths (FALKENBACH!) und ENSLAVED-Anleihen auch beginnt, so undurchdringlich erscheint das verwaschene und rückwärtsgewandte Dickicht, welches sich Produktion nennt. Da wäre ohne Zweifel mehr drin gewesen, ohne das BEORN’S HALL um ihre natürliche Urigkeit in einer Sekunde hätten fürchten müssen.
Ja, stellenweise grooven BEORN’S HALL wirklich hervorragend, auch wenn sich nach dem Titeltrack einige Hänger oder übertrieben seltsame Parts wie beispielsweise im Song „Berglmir (The Call From Beyond)“ einschleichen. Fakt ist, dass die Band ihr songwriterisches Handwerk versteht, obwohl „In His Granite Realm“ vorwiegend Hausmannskost bietet. Lange Gitarrensoli oder Hammond-Orgeln hätten dennoch vermutlich nur wenige Hörer erwartet, sodass die Platte durchaus mit Überraschungsmomenten agiert.
Denn tatsächlich ist „In His Granite Realm“ vieles, aber garantiert nicht geradlinig in der narrativen Architektur. Für das Genre durchaus ungewöhnlich und ein Merkmal von BEORN’S HALL. Allerdings entsteht zuweilen ein gewisses Gefühl der Beliebigkeit in der Aneinanderreihung verschiedener Parts. Ein gutes Beispiel hierfür ist „To Ride At Midnight“ oder der bereits angesprochene Opener.
„In His Granite Realm“ bleibt daher am Ende nur Durchschnitt – schade.
Denn einerseits steht der Band die Produktion und andererseits ein nicht vollkommen konstantes Niveau im Songwriting entgegen. Bereits nach dem überlangen „Distant Torches – Baldr’s Theme“ haben BEORN’S HALL einiges von ihrem Pulver verschossen. Am Ende bleibt eine kleine Kaufempfehlung für alle Tolkien- und Fantasyfreunde, welche nicht genug von dieser Spielart des Black Metals bekommen können.
Ärgerlich, Estuary fand ich richtig, richtig geil. Das hingegen wirkt unfertig, unstrukturiert und leider tatsächlich auch in Sachen Songwriting unsauber komponiert. Der Sound ist in meine Ohren völlig okay, war aber bei Estuary wesentlich mächtiger. Es werden mehr Heavy Metal-Einflüsse verpackt (Soli!), aber die Songs ziehen sich am Ende dank weniger Höhepunkte in die Länge. Blöd, lieber mal ein Jahr länger dran feilen, als Album an Album setzen. Die beiden kurzen Zwischenspiele allein sind schon eher….muahh…