
Es lässt sich wohl kaum vermeiden, dass junge Prog-Bands zwangsläufig nach Modern Metal klingen, selbst wenn die Musik dahinter eigentlich sogar ziemlich intrikat ist. Aber dieser aber die Kombination aus einer leichtfüßigen Produktion, diversen Gitarreneffekten und einer jugendlichen Gesangsstimme, die auf einem 36 CRAZYFISTS-Album nicht fehl am Platz wäre, erzeugt nun mal entsprechende Assoziationen, selbst wenn diese im Falle des Zweitlings „From Nothing“ der Mailänder BENTHOS tatsächlich nur auf Oberflächlichkeiten zutreffen. Aber nein, hier wurde mal ausnahmsweise keine Metalcore-/Modern Metal-Kapelle aufgrund einiger ansässiger Djent-Light-Riffs PR-technisch zur Prog-Band aufgeblasen.
BENTHOS könnten gehörig Staub aufwirbeln
Und wer dennoch mit dieser Erwartungshaltung an dieses Quintett herangeht, kann ein blaues Wunder erleben – möglicherweise im besten Sinne der Worte. Die italienische Band veröffentlichte ihr verwirrenderweise „II“ betiteltes Debüt in die Pandemie hinein, unterstützt durch das US-amerikanische Label Eclipse Records, und konnte damit in der Szene einiges an Beachtung finden hin zum Punkt, wo die Band nun bei InsideOut unter Vertrag steht und ihr zweites Scheibchen „From Nothing“ veröffentlicht. Und dieses Album ist praktisch die Antithese zu den endlosen Möchtegern-„Prog“-Metalcore-Alben. Denn BENTHOS lassen ihre kompromisslose Eklektik wie ein jugendliches Core-Album klingen.
Wirklich Avantgarde sind sie zwar nicht, da sich die eingesetzten Harmonien und Stilmittel der Italiener durchaus diversen Spielweisen wie moderner Prog, Djent, Mathcore/-Rock und Art Rock relativ einschlägig zuordnen lassen. Aber sie werden so nachdrücklich durch den Quirl gejagt, dass das Versprechen der Presseinfo, das Album sei eine sich im konstanten, klanglichen Wandel befindliche Entität, tatsächlich mal bewahrheitet. Zwischendrin finden sich immer wieder mal Phasen der „Ordnung“, in denen die Italiener tatsächlich mal mehr nach einer Alternative-Band klingen wie in „The Giant Child“, die pure Eklektik überwiegt jedoch hin zum Punkt, dass die Mailänder fast wie geistige Nachfolger von THE DILLINGER ESCAPE PLAN durchgehen könnten.
Denn hier bläst der Hörerschaft die pure Eklektik im Modern Metal-Gewand entgegen
Natürlich sind BENTHOS nicht ganz so heavy und ruppig unterwegs, was sich auch in einem vergleichsweise locker in Szene gesetzten Klangbild widerspiegelt. Etwas Entscheidendes hatten die referenzierten US-Amerikaner den gegenständlichen Italienern überdies voraus: Hooks. Das koordinierte Chaos, dass die Italiener hier auf „From Nothing“ anrichten, ist natürlich ein herrliches Spektakel, aber es fehlen ein paar Hooks oder Ankerpunkte, zu denen man auf Empfängerseite immer wieder zurückkehren könnte. Drum herum ist der Zweitling der Herren aber ein wunderbares Durcheinander an Einflüssen und lässt auf den künftigen Reifeprozess der Herren hoffen, dann hoffentlich mit noch ausgefeilterem Songwriting.
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