Belphegor - The Last Supper

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

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Als BELPHEGORs Debütalbum „The Last Supper“ im Januar 1995 in die Läden kam, hatte die Band eine rasante Entwicklung hinter sich. Das Quartett aus Salzburg startete 1991 unter dem Namen BETRAYER, benannte sich ein Jahr später in BELPHEGOR um und ließ die damals noch hörbaren Thrash-Metal-Einflüsse hinter sich. Aber auch die noch starke Death-Metal-Verbindung des im Jahr darauf veröffentlichten Demos „Bloodbath In Paradise“ sollte langsam ausgedehnt werden – oder vielmehr schnell: Denn wenn die Musik der Österreicher in dieser Zeit eins geworden sind, dann flott. Statt ihren Death Metal, wie von vielen Bands damals praktiziert, immer mehr aufzuweichen, haben sie den Hyperblast angeschmissen.

BELPHEGOR legen eine rasante Entwicklung hin

Damit ging die musikalische Entwicklung also einen winzigen Schritt in Richtung Grindcore und ein großes Stück in Richtung Black-Metal-Raserei. Trotzdem verzichteten Helmuth, Maxx, Sigurd und Chris auf Kriegsbemalung und Necrosound und gingen ihren eigenen Weg. Auch beim Cover des Nischenkünstlers Ralph Manfreda, das einen sauber filetierten Fötus zeigte und nicht bei jedem für Begeisterung sorgte. Spätere Neuauflagen des Albums zierte jedenfalls eine Reihe von entschärften Covern, von denen wir über dieser Rezension die Nuclear-Blast-Version von 2022 zeigen.

Ohne Furcht anzuecken und mit der Vision im Hinterkopf, den Death Metal vergangener Jahre auf neue Gleise zu setzen, ging es Ende 1994 in die deutsche Provinz. Genauer gesagt, nach Bühne, einem Stadtteil der westfälischen Kleinstadt Borgentreich, 35 km nordwestlich von Kassel. Dort sollte Andy Classen in seinem Stage One Studio die neun Kompositionen angemessen auf Tonband bringen. Und das gelang: Mit einem druckvollen, wenngleich nicht zu klaren Sound, wobei das Schlagzeug angemessen klackert und Gitarren, Bass und Gesang eine sinistre Allianz eingehen.

Jedenfalls wurde das Ergebnis zum Startschuss für eine Band, die schnell eine eigene Schublade für sich finden sollte. Denn „The Last Supper“ klingt ungewöhnlich: Im Herzen noch Death Metal, aber zumeist rasant gespielt und die Geschwindigkeit nahe am Anschlag. Der Bass gibt den kernigen Gegenpart zu den flirrenden Gitarren, während sich Maxx und Helmuth (der seit geraumer Zeit das einzig verbliebene Originalmitglied ist) den Gesang zwischen tiefem Grunzen und besessenem Schreien teilen.

Keine Furcht anzuecken

Was „The Last Supper“ ausmacht, sind mehrere Dinge: Gerade die Band selber hob in den darauffolgenden Jahren immer die instrumentale Präzision bei gleichzeitiger Höchstgeschwindigkeit hervor, die Fähigkeit, eben schneller als die Konkurrenz zu spielen (und dabei nichts zu verkacken). Dabei entwickelten vor allem Sigurd und Helmuth an den Sechssaitern eine gewisse Virtuosität, obwohl die Riffs nach wie vor untergründig klingen. Allerdings haben die beiden hörbar an zweistimmigen Gitarrenharmonien gefeilt, die den Songs eine kranke Dramatik verleihen. Dazu kommen dezente Keyboardeinsprengel, einzelne Akkorde, die sich geschmeidig in die rasenden Kompositionen einfügen.

Nicht zuletzt beim Gesang zeigt sich der Wille, Sachen anders zu machen. Jedenfalls schrecken Maxx und Helmuth nicht vor einer engagierten Performance im Studio zurück. Der in den Texten vertonte Horror muss schließlich rausgelassen werden, und wenn dabei der Teufel persönlich seine Stimmbänder leihen kann, warum nicht auch so? Kurzum: Ein wenig vom bizarren Genie eines Film wie „Der Exorzist“ findet sich auch auf dem letzten Abendmahl, „The Last Supper“ wieder.

Virtuosität und bizarres Genie

Noch etwas? Wenn wir uns einen Track wie „In Remembrance Of Hate And Sorrow“ zu Gemüte führen, fällt nicht nur die geschickte Rifffolge auf, sondern auch die aberwitzigen Gitarrensoli von Leadgitarrist Sigurd, die eben nicht (nur) Death-Metal-Disharmonie widerspiegeln, sondern vielmehr gekonnte Virtuosität. Übrigens ist dieser Track von den neun Stücken das stärkste – weswegen es auch vorab auf der Nuclear-Blast-Compilation „Death… Is Just The Beginning III“ zu finden ist (was übrigens die erste Berührung des Rezensenten mit dem Wirken von BELPHEGOR war).

Allerdings ist dies nur ein herausragender Track aus einem insgesamt sehr runden Album, das die Spannung bis zum Ende hält. Füllersongs gibt es nicht, vielmehr überzeugt jedes der Stücke durch seine Intensität und spielerische Klasse. Wobei, doch, jedenfalls ein bisschen: Als Bonus schaffte es mit „Krucifixion“ ein alter Song mit aufs Album, den die Band einst zu BETRAYER-Zeiten geschrieben und nun neu aufgenommen hatte. Auch wenn hier schon alle Trademarks zu hören sind, fällt der Song soundtechnisch und hinsichtlich seiner spielerischen Präzision etwas ab. Aber kein Grund zu meckern, schließlich zeigt sich hier die Entwicklung von BELPHEGOR von einem verheißungsvollen Nachwuchsact zur ernstzunehmenden Konkurrenz für die etablierten Kräfte.

„The Last Supper“ ist rund

Eine Entwicklung, die mit „The Last Supper“ allerdings noch lange nicht zu Ende war. Zweieinhalb Jahre später setzten BELPHEGOR mit „Blutsabbath“ einen drauf und präsentierten sich noch kompromissloser. Ob das allerdings für den großen Durchbruch reichen sollte – das ist Thema einer eigenen Folge hier in unserer „Blast From The Past“-Rubrik (bis dahin könnt Ihr mit dieser Würdigung von „Blutsabbath“ in einer der allerersten Reviews auf dieser Seite schmökern).

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26.06.2024

- Dreaming in Red -

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