Łukasz Dunaj - Des Teufels Konquistadoren

Review

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Auf Instagram regnet es neuerdings kleine schwarze Petruskreuze. Was augenscheinlich eine apokalyptische Botschaft ankündigt, ist veganes Hundefutter. BEHEMOTH haben sich zur Erscheinung ihres jüngsten Albums nicht nur ein pfiffiges Marketing ausgedacht – so ganz nebenbei ist auch das Sachbuch “Des Teufels Konquistadoren“ von Łukasz Dunaj über den Index Verlag erschienen. Auf 569 Seiten schwelgen aktuelle wie ehemalige Bandmitglieder, Produzenten, Tontechniker und diverse Medien in Erinnerungen. Als großer Fan der polnischen Gruppe hat Dunaj alle Parteien zusammengeführt und liefert damit eine ausgefeilte Bandbiografie.

„Wir spielten für lau – Hauptsache, es gab Pizza und Bier.“

In den frühen 90ern heißen BEHEMOTH noch “Baphomet“ und werden ursprünglich von drei Adams gegründet, deren Geschichte in einer übersichtlichen Interviewstruktur erzählt wird. Gründungsmitglied Adam “Nergal“ Darski ist bis heute der Kopf der Gruppe. Innerhalb der ersten Schaffensjahre lässt sich eine rege Fluktuation innerhalb der Band nicht leugnen. Ganz unschuldig ist Darski selbst daran nicht.

Underground-Black-Metal ist im katholischen Polen nicht nur um den Millenniumswechsel verschrien; Kassettenhandel, altmodische Kommunikation und szene-interne Fehden pflastern den Weg der ambitionierten Teenager immer wieder mit Steinen. Das Feuerspucken mit Waschbenzin hinterlässt zudem Spuren; das zeigt auch eine Geschichte zum Fotoshooting für eines der ersten durchschlagenden Alben, “From the Pagan Vastlands“.

Nachdem die ersten Demo-Kassetten über den Tisch gegangen sind und BEHEMOTH auch abseits ihrer Heimat zu einer etablierten Black Metal Band aufsteigen, folgen erste kleine Tourneen durch Europa. Besonders im Fokus steht dabei Skandinavien. Neben Lebensmittelvergiftungen hat das Reisen dort auch etwas Positives: Die Polen knüpfen Kontakte zu namhaften Bands wie MAYHEM, DIMMU BORGIR und MARDUK. Nergal betont, dass es bei den Konzerten vorerst nicht um hohe Gagen geht.

„Zu manchen Shows tauchten um die 50 Nasen auf, drei Rentiere und zwei Eulen.“ – BEHEMOTH in Kanada

Nachdem BEHEMOTH rund 700 Arbeitsstunden in das Album “Demigod“ investieren, geht es für sie nach Amerika. Dort explodieren die Verkaufszahlen Anfang der 2000er. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten entpuppt sich in Kanada jedoch zunächst als eines der grenzenlosen eisigen Landschaften. Zusammen mit DANZIG tourt die Band auch durch die USA und schildert in dem Buch aus verschiedenen Sichtweisen ihre Eindrücke dazu. Am anderen Ufer des großen Teichs kommen die Polen so gut an, dass unzählige US-Tourneen folgen.

Sowohl in konservativen Teilen der USA als auch in ihrer katholischen Heimat findet BEHEMOTHs Bühnenshow mit zerfetzten Bibeln weniger Anklang. Es kommt zum Rechtsstreit in Polen. Nergal rechtfertigt sich mit “künstlerischer Freiheit“ und macht damit die Bahn frei für den Weltmarkt: Asien, Australien, Südamerika – auf nahezu allen Kontinenten ist die Band bald ein gern gesehener Gast. Nicht nur der Satanismus wird zu Marketingzwecken ausgeschöpft, sondern vermeintlich auch die Beziehung von Nergal zur polnischen Pop-Ikone Dorota Rabczewska, die ihm unzählige Medienauftritte beschert. Musikmagazine, Klatschblätter und Fernsehsender werden auf ihn aufmerksam.

„Sie kamen, sahen und siegten, legten alles in Schutt und Asche. Sie sind keine Musikgruppe, sondern eine übermenschliche Macht.“ – Nuclear Blast

Bis es soweit kommt, dass ein Label wie Nuclear Blast derartige Töne spuckt, müssen BEHEMOTH viel Blut und Schweiß lassen. Mit der Zeit sind sie erwachsen und versiert geworden. Besonders Nergals zähe Hartnäckigkeit zahlt sich am Ende aus und scheint den Rest der Gruppe mitunter in schwierigen Situationen angesteckt zu haben.

Dann kommt er selbst in eine missliche Lage: Die Leukämieerkrankung des Frontmanns zwingt die Band zu einer monatelangen Pause. Der Krebs geht, ebenso wie Nergals Verlobte Rabczewska und der Erfolg kommt. Und mit ihm auch der Druck, neue Produktionen in Angriff zu nehmen; während der Arbeit am Album “The Satanist“ wird erstmals in der Bandgeschichte eine Tour abgesagt. Krumm hat es den Polen am Ende niemand genommen. Nach weiteren Monaten der Rehabilitation steht Nergal wieder mit Energie auf der Bühne und begeistert seine Fans bis heute.

Von Hundefutter bis Satanismus – alles nur Marketing?

Inhaltlich erzählt Łukasz Dunaj eine ausdifferenzierte Bandgeschichte mit ebenso viel Hingabe wie Abwechslung. Dabei bietet das Werk am Ende wahrscheinlich nur eine weitere Möglichkeit, Geld zu machen. Jedes Kapitel steigt mit dem Zitat einer bedeutenden Persönlichkeit wie Bob Dylan, Aleister Crowley oder Winston Churchill ein. Das Vorwort ist zudem stilgetreu und handschriftlich als “Intro“ verfasst. Neben der Interviewstruktur, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch zieht, wird die Geschichte immer wieder mit alten, teilweise privaten Schwarz-Weiß-Fotografien aufgebrochen, um noch mehr Nähe zum Rezipienten zu schaffen. Durch die Autorenkommentare verschwimmt die Erzählstruktur partiell, wird jedoch zügig wieder aufgegriffen.
Jeder Schaffensprozess eines Albums, jede Tour und jede Backgroundstory wird bis ins kleinste Atom geschildert. Das lässt das Lesen zuweilen langatmig und zäh werden. Zudem fokussiert sich die Handlung trotz diverser anderer Parteien sehr stark auf den Kopf der Band, Nergal.
Als Bonus findet sich im hinteren Teil eine Auflistung aller Alben mit abgedrucktem Cover, sowie die Steckbriefe der vier beständigsten Mitglieder von BEHEMOTH – eine tolle Idee.

Alles in allem ist “Des Teufels Konquistadoren“ eine liebevoll gestaltete Hommage an eine der einflussreichsten Metal-Größen Polens, mit einer Seitenanzahl von 569 allerdings eher etwas für hartgesottene Fans.

22.10.2018

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1 Kommentar zu Łukasz Dunaj - Des Teufels Konquistadoren

  1. nili68 sagt:

    >nur eine weitere Möglichkeit, Geld zu machen<

    Frechheit, das auch nur zu vermuten. Ich denke, dass es sich um bedeutsames Kulturgut handelt. Das braucht JEDER EINS1111!!!!ELF!!!!11111