Bathory - Blood On Ice

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

„Blood On Ice“ wurde 1996 veröffentlicht und hat in vielerlei Hinsicht einen besonderen Stellenwert in den Werken von BATHORY als auch in der Musikszene. 1996, die zweite Welle des Black Metals, zu dessen Haupteinflüssen die frühen Alben von BATHORY zählten, nahm rasant an Popularität zu. Quorthon wiederrum hatte mit seiner Band in den Jahren zuvor viele Fans verprellt, indem er zuerst spätestens mit „Hammerheart“ mit dem frühen Black Metal, dann mit „Requiem“ und „Octagon“ mit dem Epic / Viking Metal brach, wobei man bei den beiden letztgenannten Alben auch bei der Qualität deutliche Abstriche hinnehmen musste. Dann „Blood On Ice“, das sagenumwobene Konzeptalbum, seit 1989 in Interviews angekündigt, nie herausgebracht.

„Blood On Ice“ – von der ersten Idee bis zur Veröffentlichung

Inspiriert von Conan der Barbar, Richard Wagner sowie der skandinavischen als auch germanischen Mythologie, erdachte sich Quorthon 1987 zunächst die Saga. Die grundlegende, fesselnde Geschichte handelt von einem Jungen, dessen Dorf überfallen, die männlichen Einwohner massakriert, die Frauen und Kinder in den Norden verschleppt wurden. Der Junge überlebt die nächsten Jahre alleine in der Wildnis, sammelt Erfahrungen und Kräfte, um sich für den Endkampf zu rüsten. Die Geschichte nimmt stark Bezug auf die nordische Mythologie sowie deren Götter, Figuren und Orte (bspw. Odin, Sleipnir, Tyrfing, Hel, Hugin und Munin), ohne diese konkret beim Namen zu nennen. Anschließend komponierte Quorthon die Musik, wobei das Album dann die Ausmaße eines Doppelalbums annahm. Das Originalmaterial wurde in Form von Basictracks zwischen 1988 und 1989, wie die ersten vier Alben von BATHORY, unter recht primitiven Bedingungen im Heavenshore Studio, das gelegentlich auch als Garage diente, auf alten Geräten und einem 14-Spur Mischpult aufgenommen. Da ein Doppelalbum für die Fans einen recht hohen Preis bedeutet hätte, zusätzlich zu dem kompletten Bruch mit der ach so satanischen Vergangenheit von BATHORY, war das Risiko zu groß und die Aufnahmen wurden nie beendet. Stattdessen wurde die Arbeit an „Hammerheart“ begonnen. 1995 schließlich wurden die alten Aufnahmen wieder ausgegraben, diese bestanden aus den Grundgerüsten der Songs mit einem Großteil des Gesangs, jedoch musste insbesondere am Schlagzeug noch viel nachgearbeitet werden, dazu Effekte, Bass, Leadgitarre, zusätzliche Rhythmusgitarre, Backing-Vocals und der noch fehlende Leadgesang der letzten Songs. Übrigens findet ihr die komplette Geschichte der Saga als auch über die Entstehung des Albums mit vielen detaillierten Informationen über die Geschichte von BATHORY im dreißigseitigen Booklet von „Blood On Ice“.

Ein Meisterwerk… mit einigen zu vernachlässigenden Mängeln

„Blood On Ice“ ist musikalisch in genau jenem Stil gehalten, wie ihn BATHORY mit „Hammerheart“ und „Twilight Of The Gods“ etablierten, wobei das Album näher an „Hammerheart“ ist. Viking Metal, recht offensichtlich von den frühen MANOWAR beeinflusst, man höre nur mal deren Song „Gates Of Valhalla“ und vergleiche die eingesetzten Stilmittel. Dennoch, das Album setzte Maßstäbe. Die komplexe, stringent erzählte Geschichte, eingebettet in ineinander übergehende Songs, Erzählstimme, Naturgeräusche, all das verbindet sich zu einem packenden Werk, das durchaus den Charakter eines Hörspiels hat. BATHORY lassen den Hörer schnell in die Saga eintauchen und das hier und jetzt vergessen. Und der epische Viking Metal selbst ist majestätisch, Quorthon war ein begnadeter Songwriter, wenn es auch an der Umsetzung manchmal etwas haperte! Der Epic Metal zeichnet musikalisch die Bilder der Story. Schöne Melodiebögen, wuchtiges Schlagzeugspiel, emotionaler Gesang, gefühlvolle Gitarrensoli, verträumt stimmige Akustikgitarrenpassagen, ergreifende Chöre, dichte Atmosphäre. Sicherlich war Quorthon alles andere als ein begnadeter Sänger, aber seine charismatische, einprägend eindringliche Stimme und seine Art, das Erzählte mit seinem intensiven Gesang darzubieten hatte viel Herzblut und Leidenschaft, dass die augenblickliche Handlung fast greifbar wird. Der Spannungsbogen wird über das gesamte Wikinger-Epos gehalten. Angefangen vom Hörspielartigen Intro, der Feind reitet ins Dorf, tötet, brennt nieder, über den famosen treibenden Titelsong „Blood On Ice“ mit viel Epik als Opener, dann das komplett akustische, sehr reduzierte und schöne „Man Of Iron“, man fühlt sich draußen in der Natur vor einem Lagerfeuer, Quorthon mit Akustikgitarre spielend und singend, ein Glanzpunkt im Schaffen von BATHORY. Ein weiterer Höhepunkt ist „The Stallion“, das Stück hat alles, was ein Epic Metal Song mitbringen sollte: Tolle einprägsame Riffs, wuchtige Rhythmen (MANOWAR), melodischer, ergreifender Gesang, fesselnder Refrain, Chöre, Akustikparts, groß! „The Woodwoman“ hält das hohe Niveau, schönes Akustik-Intro, episch, fesselnd. In eine ähnliche Kerbe schlägt das folgende, etwas düsterere „The Lake“, mehrstimmiger, erhabener Gesang, stimmige Melodien, ein sich im Hirn einbrennender Refrain zum Niederknien, Pathos, grandios. Diese epische Meisterleistung können die abschließenden Stücke nicht mehr halten, die aber allesamt gelungen und stimmig sind. Gemein ist allen Songs auf „Blood On Ice“, dass sie dieses typische BATHORY-Feeling in sich tragen.

…mit einigen zu vernachlässigenden Mängeln

Teilweise hört man die unterschiedlichen Zeiten der Aufnahmen, so wirkt gerade weiter hinten die Stimme von Quorthon etwas rauer und älter. Der Sound selbst ist weit weg von feiner Brillanz und Auflösung, teils schon etwas roher und dumpfer. Audiophile werden hier eher die Nase rümpfen, dennoch versprüht die Musik auch in Kombination mit diesem speziellen Klangbild einen besonderen Zauber und Charme, wenn man sich denn auf „Blood On Ice“ wirklich einlassen mag. Rein objektiv betrachtet waren BATHORY immer eher weiter weg von der Perfektion, das trifft auch auf „Blood On Ice“ zu, das insbesondere für die Wikinger-Ära von BATHORY sicher die meisten „Mängel“ aufweist. Dennoch, das Album ist zupackend und fesselnd, ein Meilenstein in der Geschichte von BATHORY und des epischen Metals.

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27.05.2020

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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9 Kommentare zu Bathory - Blood On Ice

  1. Huetti sagt:

    „Blood on Ice“ ist eines dieser Alben, die bei mir immer wieder mal laufen, weil ich die Idee und das Gerüst einfach sehr gelungen finde. Die Songs sind toll geschrieben, toll arrangiert und im Wesentlichen auch instrumental adäquat umgesetzt.
    Was es aber tatsächlich von einem echten Meisterwerk unterscheidet, ist dann leider doch die Produktion und die Umsetzung. Stellt euch mal diese Songs mit einer druckvollen Produktion und, ja Blasphemie ich weiss, mit einem „richtigen“ Metal-Sänger vor! DANN könnte man von einem echten Meisterwerk sprechen. So ist’s halt leider „nur“ ein Album voller sauguter Ansätze und voller großartiger Ideen… aber vielleicht macht das ja auch den Charme der Scheibe aus?

    8/10
    1. BlindeGardine sagt:

      „Blood On Ice“ wird ja von vielen als eines der Epic-Metal-Alben schlechthin gewertet und ich stimme dir im Grunde bei all den von dir genannten Punkten zu, mit dem Unterschied, dass ich es mir leider bis heute nicht so recht schön hören kann. Im Kern sicherlich ein tolles Album, die Umsetzung ruiniert es aber leider für mich.

  2. Michael sagt:

    Ein grandioses Album. Allerdings warte ich seit einem Vierteljahrhundert darauf, dass sich mal richtig gute Musiker dransetzen und die Bathory-Diskographie nochmal neu einspielen. Emperor haben es mit „A Fine Day to Die“ vorgemacht, wie Bathory klingen könnte.

    PS. ach, und Einherjers „Odin Owns Ye All“ könnte bei der Gelegenheit auch mal neu eingespielt werden. 😉

    1. BlindeGardine sagt:

      Nuja, ein paar Nummern haben sich Ereb Altor ja bereits auf „Blot – Ilt -Taut“ vorgenommen und auf der „Opus Diaboli“ von Watain gibt es ne ziemlich fette Coverversion von „A Fine Day To Die“. Außerdem hatte Alan Averill von Primordial doch zusammen mit ein paar anderen relativ bekannten Muckern Twilight of the Gods am Start, was ja ursprünglich ne Bathory-Tributband war. Auf Album haben die dann aber doch nur eigene Songs veröffentlicht und die waren wohl nicht ganz so dolle. Habs selbst nie gehört.

      1. Michael sagt:

        Naja… Ereb Altor ist ganz nett, haben aber den „Kern“ nicht ganz getroffen…

        Twilight of the Gods hätte es werden können, aber sie haben das Covern ja recht schnell ad acta gelegt..

        Watain kannte ich noch nicht, würde aber gerade als ersten Eindruck sagen, dass sie nicht in derselben Liga wie Emperor spielen. Ich bin allerdings auch kein Watain-Fan…

    2. Urugschwanz sagt:

      Bathory bitte nicht, aber was diese Einherjer betrifft stimme ich dir zu^^. Zumindest eben den Sänger austauschen auf der Scheibe.

  3. Urugschwanz sagt:

    Einfach das Beste Bathory Album und für mich und eine glatte 10. Ich weiß nicht warum die Leute immer einen glattpolierten modernen und fetten Sound wollen. Der tötet oft genug die Atmosphäre einfach ab. Steril eben, passend zur heutigen Zeit… Egal. Es ist perfekt, so wie es ist. Basta!

    10/10
    1. hypnos sagt:

      amen dazu. das Album ist optimal so wie es ist

      10/10
    2. doktor von pain sagt:

      Steril soll der Sound ja gar nicht sein, nur nicht so lasch und schepperig, wie er auf dem Album eben ist. Und dass Quorthin zum Teil ganz schön schief gesungen hat, ist ja nun auch nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal – wenn er es besser gekonnt hätte, hätte er es mit Sicherheit auch gemacht. Von schließe ich mich bei den genannten Kritikpunkten an – ein gutes Album ist „Blood on Ice“ aber trotzdem. Vielleich sogar mein liebstes von Bathory.

      8/10