Barrens - Penumbra

Review

“Penumbra”, was im Lateinischen etwa “Halbschatten” bedeutet, könnte als Titel des ersten BARRENS-Albums nicht treffender gewählt sein. Die hier dargebotene Finsternis präsentiert sich allerdings in ihrer behaglichsten Form, geradezu geschaffen für intensive Gedankenreisen und ein klein wenig emotionalen Masochismus. BARRENS sind der Soundtrack eurer verletzlichsten Stunden. “Penumbra” vermag ihnen aber zumindest eine Heimat zu bieten.

Mit “Penumbra” setzen BARRENS eigene Akzente im Post Rock

Das Debüt der Schweden mit Mitgliedern von SCRAPS OF TAPE komponiert auf “Penumbra” alles andere als Stangenware. Das Trio hebt sich durch wuchtige, tiefe und harsche Synthie-Klänge ab, die meist zarte und verträumte Gitarren-Licks kontrastieren. Gitarren und Drums brechen selten aus ihrem introvertierten Charakter aus, wissen sich aber in entscheidenden Momenten, zu effektvollen Kaskaden aufzubauen. Die in Form der Synthesizer permanent anwesende Kälte verleiht den Songs eine gewaltige und bedrohliche Atmosphäre. Das erinnert an zurückhaltende CULT OF LUNA (ohne Gesang) oder hoffnungslose LEECH.

Es kommt “Penumbra” allerdings mehr entgegen, wenn es an den Bildern und Stimmungen gemessen wird, die es transportiert. Stellt euch vor, ihr habt nachts im Club einem schönen Menschen zugelächelt und fragt euch auf dem Heimweg, in einer tristen Großstadt torkelnd, warum ihr diesen Menschen nicht angesprochen habt. Wie diese flaue Wehmut klingen BARRENS. Urbane Anonymität und kosmische Verlorenheit, verschmolzen und zu Rausch und Musik gegossen.

“Penumbra” – ein monolithisches Gesamtwerk

Die größte Stärke des Albums ist die Spannung, die es vom ruhigen Intro “Antumbra” an aufbauen und halten kann. Denn BARRENS bekennen sich – ähnlich wie GOD IS AN ASTRONAUT oder IF THESE TREES COULD TALK – zu einer betont abwechslungsreichen Spielart der instrumentalen Rock-Musik. Die ersten beiden Songs “Atomos” und “Oracle Bones” präsentieren sich sehr dynamisch, haben tolle Grooves und fette Riffs. “Penumbra” hat ein richtig starkes Songwriting, das wiedererkennbare Themen und packende Hooks nie aus den Augen verliert.

Dank fantasievoller Soundlandschaften und trippiger Stimmungen funktionieren auch reine Ambient-/Trip-Hop-Nummern wie der kurze Titelsong und das bittersüße “Grail Marker”. Songs der Marke “Arc Eye”, “Shifter” und “The Passing” halten ihren Härtegrad hingegen weit über dem romantisch-verträumten Post Rock von Bands wie MONO. Da die unterschiedlichen Akzente einander stets im richtigen Moment weichen, ist BARRENS ein Album gelungen, das zu jeder Sekunde spannend ist. Das stimmungsvolle und stilvolle Artwork lässt “Penumbra” schließlich zur Formvollendung kommen.

Introvertiert, melancholisch und elegant

“Penumbra” klingt nach Regen, Verlorenheit und endlosen Reisen. Es ist wunderschön und beängstigend hässlich zur gleichen Zeit. Es bildet individuelle Tragödie und gesellschaftliche Realitäten ab, ohne Worte zu benutzen. Es ist reine und um ihrer selbst willen erschaffene Kunst. Der Schöpfungswille von BARRENS bricht hoffentlich nicht so bald ab.

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24.05.2020

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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