Baroness - Stone

Review

BARONESS sind ein Phänomen. Neben TOOL und MASTODON gibt es kaum eine weitere Band, die trotz ihres hochkomplexen und nicht gerade mainstream-typischen Sounds so viele Menschen verschiedenster Subkulturen und Hörgewohnheiten zusammenführen kann. Dies liegt natürlich zum einen nicht nur an dem speziellen, durch und durch unverkennbaren Sound, den das Quartett aus Georgia seit inzwischen sechs Alben pflegt, sondern auch an ihrer besonderen Fähigkeit, mit verschiedensten Einflüssen zu spielen und bei allem Anspruch runde Songs mit Langzeitwirkung zu schreiben. Vier Jahre nach dem ambitionierten, zuweilen leider etwas zerfahrenen “Gold & Grey” stellen BARONESS ihr einzigartiges Talent mit ihrem aktuellen Album “Stone” – das erste seiner Art, das nicht den Namen einer Farbe trägt – erneut unter Beweis.

BARONESS sind zusammengewachsen

So ambitioniert, wie “Gold & Grey” auch gewesen sein mag – man hörte BARONESS auf diesem Album noch recht deutlich an, dass das relativ frische Line-up seinerzeit noch zusammenfinden musste. Zwar konnte man zu jeder Zeit hören, dass die vier Musiker:innen sich blendend verstehen und gegenseitig inspirieren, doch wirkte die aus 17 Stücken bestehende Platte manchmal etwas zerfahren. “Stone” wiederum präsentiert BARONESS mit zehn Songs auf klassischer LP-Länge um ein Vielfaches kompakter, was den einzelnen Stücken wesentlich mehr Geltung und Identität verleiht.

Was bleibt, ist die unbedingt als lobenswert darzustellende unfassbare Einflussfülle. In den Rahmen-Tracks “Embers” und “Bloom” sowie im Zwischenstück “The Dirge” schmückt sich die Band mit Country- und Indie-Einflüssen, die immer häufiger vom hauptamtlichen Sänger (und Gitarristen) John Baizley und Gitarristin Gina Gleason mit tollen Harmonie-Gesängen vorgetragen werden. Gleichermaßen sind die Metal- und Sludge-Einflüsse, die den Vierer seit jeher auszeichnen, äußerst treffsicher auf den Punkt gebracht. So bewahren sich Songs wie “Anodyne”, “Beneath The Rose” oder die Gänsehaut-Nummer “Shine” den nötigen Druck und lassen “Stone” als Gesamtwerk angenehm kompakt wirken.

Im Gegensatz zum Vorgänger sind dadurch die großartig performten Gesangsmelodien wieder greifbarer geworden, was “Stone” in seiner unterschwelligen Melancholie gelegentlich an “Purple” aus dem Jahr 2015 erinnern lässt. Nur dass BARONESS dieses Mal mit der weitgehenden selbstständig vorgenommenen Produktion noch mal einige Schippen obendrauf legen konnten – speziell der Sound war ja nicht auf allen älteren Alben der Band optimal.

“Stone” hat das Zeug zum Klassiker

Es scheint, als hätten BARONESS viel daran gesetzt, ihr Magnum Opus zu kreieren. Gleichermaßen wirkt “Stone” herrlich ungezwungen, frisch und spontan, dass man die Band vor dem geistigen Auge jederzeit auf der Bühne oder im Proberaum performen sehen kann, während man das Album hört. Ein Stück weit erinnert der Ansatz an die ungebändigte kreative Freiheit der goldenen Ära der Rockbands in den Siebzigern. “Stone” ist im besten und eigentlichen Wortsinne progressive Musik, die für das Herz viel mehr zu bieten hat als für das Hirn. Überflüssig zu erwähnen, dass dieses große Kunstwerk abermals von einem prächtigen Artwork, das wie immer Mr. Baizley himself besorgte, geziert wird.

08.09.2023

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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