Eines der bisher ziemlich gut gehüteten französischen Geheimnisse sind BAHRRECHT, die wohl zunächst deshalb für Aufmerksamkeit sorgen werden, weil hinterm Drumkit Jean Deflandre – besser bekannt als Winterhalter – Platz genommen hat, der schon als schlagzeugender Märchenonkel von AMESOEURS, ALCEST und LES DISCRETS bekannt ist. Allerdings hat der Mann eine im wahrsten Sinne des Wortes düstere Vergangenheit im finsteren Black Metal, die sich auch auf „Nuit De Neige“, dem ersten BAHRRECHT-Album in einer immerhin schon zehnjährigen Bandgeschichte, manifestiert. Und wenn man das erstmal gehört hat, wird die Band sicher auch für sich überzeugen können.
Anders als seine vor allem bei Mädels beliebten Hauptbands legt dieses Betätigungsfeld Winterhalters maßgeblich Wert auf Brutalität, Geschwindigkeit und eine trotz allem vorhandene Epik und Komplexität. Das wird den Girlies nicht besonders schmecken, dafür aber vielen Anhängern des frühen Black Metals der 90er Jahre, an dem sich BAHRRECHT orientieren. Haupteinfluss könnten die ersten drei IMMORTAL-Alben (vor allem „Pure Holocaust“) sein, die mit ihren irrwitzigen Blasts, tobenden Doublebassstürmen und dem knurrigen Gesang Pate gestanden haben mögen (vgl. „My Last Sunrise“, „Frozen By Demonice“). Das abschließende Fast-Instrumental „I Was Born“ weist sogar Parallelen zur ersten BORKNAGAR auf. Die Grundatmosphäre ist dabei trotzdem nicht die eines Plagiats skandinavischen Black Metals, sondern erinnert auch an französische Kollegen – hier und da kommen Erinnerungen an ANGMAR oder eine brutale BELENOS-Variante auf.
Das alleine reicht aber nicht aus, um „Nuit De Neige“ zu beschreiben, denn das Album ist erstaunlich eigen und kompakt. Obwohl nur vierzig Minuten lang, mit Stücken um die Fünfminutenmarke, dauert die Platte subjektiv weit länger, weil einfach sehr viel auf ihr passiert. Das Riffing ist divers und wirkt durch die enorme Sättigung mit Hall noch breiter angelegt – überhaupt leistet Gitarrist Fëanor beeindruckende Arbeit. Die Songstrukturen sind im positiven Sinne unübersichtlich, und nette Details wie hübsche Akustikgitarren und bedrohliche Synthesizer-Intermezzi sorgen dafür, dass Langeweile zumindest in den ersten Durchläufen absolut außen vor bleibt. Das Drumming ist hübsch unbearbeitet und enorm treibend. Der Mix, den Deflandre selbst in die Hand genommen hat, räumt trotz lauernder Brutalität allen Instrumenten genug Raum ein und wird sogar dem Albumtitel gerecht: Das hat wirklich etwas von einer verschneiten Nacht.
Der Grund, wieso es meiner Meinung nach für BAHRRECHT nicht für die obersten Ränge reicht, sind Kleinigkeiten: Etwa ein Drittel der Songs überzeugt nicht ganz, weil schräges Thrash- oder unpassendes Death Metal-Riffing dazwischen haut. Der Gesang ist leider relativ unvariabel und kommt mit seinen Abbath-Reminiszenzen der beeindruckenden Dichte der Musik nicht hinterher. „Nuit De Neige“ ist kein massenkompatibles Produkt, sondern ein verschrobenes, persönliches Black Metal-Statement. Als solches muss es nicht perfekt sein, aber überzeugend und authentisch. Und das ist es.
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