Babylon Mystery Orchestra - Axis Of Evil

Review

Ob provokante Mohammed-Karrikaturen in Dänemark oder Anti-Islam-Filme in Holland – polemische Kritik am Glauben von Millionen von Muslimen weltweit liegt zur Zeit schwer im Trend. Dass dabei statt einer friedfertigen Suche nach Lösungen für die sich gerne unter einem pseudo-religiösen Deckmantel verbergenden politischen Probleme unserer Zeit meist nur blinder Hass im Vordergrund steht, rückt die Verbreiter dieser Botschaften in direkte Nachbarschaft zu den von ihnen so verhassten islamistischen Fundamentalisten.
Nun also auch noch eine religiös motivierte Anti-Islam-CD aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Sidney Allen Johnson, der Kopf hinter dem BABYLON MYSTERY ORCHESTRA, ist einer jener Menschen, die sich selbst gerne als gläubigen Christen präsentieren und nicht müde werden, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit mit Bibelzitaten um sich zu werfen, ohne die eigentliche Kernbotschaft dieser literarischen Grundlage des Christentums wirklich verstanden zu haben.

Eigentlich wäre es jetzt an der Zeit, den musikalischen Inhalt dieser Scheibe etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, das Ergebnis ist jedoch absolut enttäuschend. Zu keinem Zeitpunkt entwickelt sich hier ein eigenständiger musikalischer Charakter mit Wiedererkennungswert. Etwas anderes als Langeweile vermag die instrumentale Darbietung nicht hervorzurufen. Flache Riffs und leidlich rhythmisches Gedresche auf ein Schlagzeug, dazu gelegentliche Soundeffekte wie Glockenklänge oder kurze Akustikpassagen dienen lediglich als Hintergrundgeräusch für die Predigt des selbsternannten Weltverstehers.
Diese wird mit monotoner und pseudo-düsterer Stimme vorgetragen und klingt wie die schlechte Imitation eines misslungenen, eigentlich stimmungsvoll gedachten Album-Intros. Dafür, dass Herr Johnson nicht singen kann, habe ich natürlich vollstes Verständnis. Warum er seine Botschaften dann allerdings nicht von einem fähigeren Kopf in die Welt tragen lässt, ist mir ein Rätsel. Vielleicht fiel es ihm schwer, jemanden aufzutreiben, der mit seinen kruden Denkansätzen in irgendeiner Form in Szene setzen wollte. Das ließe hinsichtlich des Zustands unserer Welt doch wieder hoffen.

Aus einem bunten Topf von Zitaten schustert sich Sidney Allen Johnson seine Texte zusammen. Da ergreifen George W. Bush, Ronald Reagen, Winston Churchill, die Bibel und viele weitere im Booklet das Wort (natürlich für die „gute“ Seite…), denen Zitate aus dem Koran, aber auch von Osama bin Laden oder dem Al-Quaida-Handbuch gegenübergestellt werden. Einmal ordentlich durch den Mixer gejagt, schon erhält man einen auch in sprachlicher und lyrischer Hinsicht primitiven Songtext für die folgende Seite.
Dass bei dieser Prozedur die Aussagen, die ohnehin bereits völlig aus dem Zusammenhang gerissen wirken, teilweise auch noch völlig verfälscht werden (wie im Beispiel des „Offenbarung“-Textes mit den vier Reitern der Apokalypse, der in „We Ride, You Die“ verhackstückt wird), zeugt nicht gerade von Gründlichkeit. Dafür blieb bei all der Selbstinszenierung und Berufenheit des Herrn Johnson wohl kein Platz mehr. Lieber noch ein schickes Bild im Kreuzritter-Outfit ins Booklet gepackt, das zeigt wahre Bestimmung und wischt Zweifel an der Sinnigkeit der verbreiteten Propaganda wirkungsvoll beiseite.

Fundamentalismus – egal von welcher religiösen oder politischen Glaubensrichtung er betrieben wird – ist ebenso unnötig und gefährlich wie die Entwicklung der Atombombe. Und beide haben das Potential, die Welt, in der wir leben, über kurz oder lang zu vernichten. Deswegen lässt sich auf dieses polemische und hetzerische Machwerk, dass in musikalischer Hinsicht zudem ein absoluter Rohrkrepierer ist, bedenkenlos verzichten.

09.04.2008

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