Kann man natürlich als eine weitere Supergroup für den Stapel abwinken, die Herren und die Dame von AZUSA, die mit „Heavy Yoke“ ihr Debüt veröffentlichen. Mit Beteiligung von (ehemaligen) Mitgliedern von EXTOL und THE DILLINGER ESCAPE PLAN kann man natürlich vor allem viel Riff- und Rhythmusakrobatik erwarten. Und um es vorweg zu nehmen: Die internationale Formation enttäuscht nicht. Tatsächlich ist der ruppige, komplexe Sound das erste, was an „Heavy Yoke“ auffällt – neben dem variablen Gesang von Eleni Zafiriadou, ihres Zeichens von der in Deutschland beheimateten Indie-Pop-Band SEA + AIR stammend.
Die Mischung macht’s
Richtig gelesen: Diese Band, die einen komplexen und aggressiven Mix aus Hardcore, Math-Rock, Grunge (irgendwie) und Thrash Metal spielt, hat eine Indie-Pop-Stimme am Mikrofon stehen. Die verschwendet beim Opener „Interstellar Islands“ nach anfänglichen, irgendwie bezirzenden Clean Vocals auch fast keine Zeit, um sich wie vom Teufel besessen die Seele aus dem Leib zu schreien, womit sich AZUSA klangtechnisch vermutlich noch am nächsten bei THE DILLINGER ESCAPE PLAN platzieren. Derivativ klingt „Heavy Yoke“ aber deswegen noch nicht, denn dazu kommt das Songwriting dann doch zu direkt daher.
Auch wenn AZUSA nicht mit derart viel technischen Verschleifungen und Hakenschlägen spielen wie artverwandte Bands der Marke ANTISOPH, sollte man „Heavy Yoke“ nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn es gibt hier dank des hohen Thrash- und Hardcoreanteils mindestens mal mächtig auf die Fresse. Die Riffs profitieren trotz hohem, technischen Niveaus von ihrer Direktheit und spielen dem Härtegrad in die Karten. Die kantigen Grooves, die David Husvik den Songs auf den Leib prügelt, fassen diese in ein straffes, rhythmisches Korsett ein – die Musik klingt in ihren härtesten Momenten fast wie ein Pitbull, der im Zwinger durchdreht.
AZUSA bündeln ihre Energie
Das liest sich natürlich wie angezogene Handbremse, aber diese Art der „Einschnürung“ hält die komplexeren Parts des Sounds im Zaum und sind damit Brot und Butter für ein Album, das trotz aller Progressivität, trotz aller Technik doch direkt und impulsiv klingt und dessen Faust immer den Weg in Richtung Gesicht des Hörers findet. Und es fügt die Passagen, in denen Zafiriadou ihre klare Stimme erhebt, deutlich geschmeidiger in den Sound ein. Ein Beispiel hierfür ist das kurze „Fine Lines“, das nur Klargesang enthält und trotzdem wunderbar in die Trackliste hineinpasst, eben weil die Band eigentlich nie ihrer Bodenhaftung verlustig geht.
Wer natürlich einen musikalischen Purzelbaum nach dem anderen erwartet, schaut bei „Heavy Yoke“ etwas dumm aus der Wäsche. Letzten Endes regiert hier doch der Song als solcher, weshalb die Tracks kurz und knapp gehalten sind und rasch auf den Punkt kommen. Der überraschend subtile aber effektive Einsatz von eingängigen Melodien macht einen „Spellbinder“ dank einer hervorragenden Hook bei gleichzeitiger Thrash-Kante zu einem von vielen Highlights. Da reihen sich auch das das stampfende „Iniquitous Spiritual Praxis“ nahtlos ein wie auch das „Eternal Echo“, in dem sich Zafiriadou klargesanglich fast zu Kate Bush-Höhen aufschwingt.
„Heavy Yoke“ ist ein Klang gewordener Orkan
Keine Frage – das internationale Quartett bläst wie ein Orkan durch die Boxen. AZUSA können gewiss noch mehr an der Aggressionsschraube drehen, aber was die Band mit „Heavy Yoke“ veranstaltet, ist schon amtlich. Den technischen Anspruch kann man bei dem Portfolio, das Liam Wilson (THE DILLINGER ESCAPE PLAN) sowie Christer Espevoll und David Husvik (beide (ex-)EXTOL) vorzuweisen haben, natürlich erwarten. Was jedoch aus Zafiriadou rauskommt, ist erstaunlich, gerade in Anbetracht ihrer Hauptspielwiese. Somit gelingt der Band mit „Heavy Yoke“ ein wenn auch spätes Highlight in diesem Jahr.
Man nehme das Synergy Album von Extol und reduziere es um nahe zu alle Aspekte des Wohlgefallens. Anschließend versuche man eine weibliche Patton zu implementieren, die besonders in der zweiten Albumhälfte (programmed to distress [haha] , und eternal echoes) zumindest mich einfach nur nervt. Das Ganze wird mit mehr, oder weniger gelungenen Techno – Thrash (so nannte man derlei Kram mal liebe Kinder) Riffs und HC Attitüde zu stark polarisierender Kunst erhoben, respektive zu ganz großem Scheiß runter gebrochen. Auftrag erfüllt.
Gefällt mir. Bin zugegeben weder mit extol noch mit der sonstigen spielwiese der sängerin vertraut, daher ist mein anknüpfungspunkt eher dillinger escape plan und das hier klingt ungefähr wie dillinger escape plan light mit leichter thrash-kante. Wie dabei der teils zuckrige gesang eingebunden ist funktioniert für mich auch.
Falls du dich mit Extol beschäftigen möchtest. Das hier ist mein Lieblingssong von Ihnen. Der repräsentiert die erste Schaffensphase der Band ganz gut. Spätet wurden sie dann alternativer, aber nicht weniger stark.
https://youtu.be/pwIOZp4Kyxk
Ach so: Der Song ist Opener, des von mir als Vergleich herangezogenen Synergy Albums.
Jo danke für den Tipp, muss aber gestehen wenn ich es vergleichen müsste gefällt mir das hier besser. Besonders den Klargesang finde ich bei Extol eher schwach.
Aber wie gesagt, sehe den Vergleich ob der Mathcore-Schlagseite wenn überhaupt auch eher bei Dillinger Escape Plan und bei Azusa gefällt mit tatsächlich besonders der Gesang.
Für mein Empfinden sind die Math Anteile gar nicht so stark im Vordergrund, zumal Liam Wilson nicht das Gros der Songs komponiert hat, so ich richtig informiert bin. Das hat schon auch viel von Voivod und Vektor. Anteilig gefällt mir hier also auch vieles, aber das ganze Album am Stück mehrmals hintereinander anhören? Ne, das ist zuviel des Guten 😉
Mehrfach am Stück kann ich mir so frickeliges Zeug ohnehin selten anhören. Dillinger oder sowas wie Converge kann ich mir immer mal wieder gut dosiert geben, auf Dauer krieg ich aber Kopfschmerzen davon. Das ist hier nicht anders, kommt aber grade durch den Gesang und eine trotz allem gewisse Gradlinigkeit nicht ganz so schnell vor. Mit Voivod bin ich leider nie warm geworden, Vektor wiederum geht immer, auch wenn ich da nur bedingt Parallelen höre.