Tja, Ayreon schon wieder. Inside Out haben den gerechtfertigten Hype den das letzte Album mit sich gebracht hat geschickt ausgenutzt und servieren uns den Universal Migrator als Neuauflage direkt hinterher. Erinnern wir uns: Vor 4 Jahren hatte sich Arjen Anthony Lucassen überlegt, dass sich sein Stil aus ruhigen prog-rock Balladen und schnellen Metalfetzern zusammen setzt, und ein Doppelalbum gezimmert dass eben diese beiden Genres voneinander trennte. Konsequent wie er war hatte er beide CDs auch einzeln veröffentlicht, bis ihm nach langem Email Verkehr mit den Fans klar wurde dass meist eh beide Alben gekauft wurden und sich der etwas bessere Verkauf des Metalalbums wohl an der Gastrolle eines gewissen Bruce Dickinsons erklärte. Daher also die Idee das ganze als Doppelalbum neu zu veröffentlichen, und weil metal.de bislang noch keines der beiden Alben rezensiert hat wird es wohl Zeit einen genauen Blick auf dieses Ausnahmewerk zu richten.
The Dream Sequencer (70:17): Okay, das ruhige Album kommt zuerst. Wer aber nun an kitschige Lovesongs denkt muss leider enttäuscht werden – passend zur depressiven Story werden atmosphärisch dichte Songs dargebracht die anfangs auch jedem Gothicalbum wunderbar stehen könnten. Das schien auch Arjen selbst erkannt zu haben, und bestückte den quasi-Opener ‚My House on Mars‘ mit Tiamats Frontmann Johan Edlund der seine Sache wunderbar machte und dieses absolute Highlight nur noch abrundete. Hier treffen ruhige Akkustikparts auf epische Depri-Keyboardteppiche die binnen jeder Sekunde die Gedanken des Protagonisten wiederspiegeln und trotz der langen Spielzeit nie den roten Faden verlieren. Wer aber nun denkt dem Album würde schon früh die Luft ausgehen, darf beruhigt enttäuscht werden: Auch in den folgenden Songs ‚2084‘ und ‚One small step‘ fällt das Niveau keinesfalls ab; und wer genau hinhört darf bemerken dass sich unter die Depristimmung so langsam ein gutes Stück Melancholie mischt. Somit ist der letzte Song auf dem die Depristimmung vorherrscht dass famose ‚The shooting company of captain Frans B. Cocq‘; bevor mit ‚Dragon on the sea‘ erste melancholisch/fröhliche Töne angeschlagen werden. Diese Entwicklung zieht sich auch bei ‚Temple of the cat‘ immer weiter fort; bis die Reise des Protagonisten in die Vergangenheit spätestens beim großartigen (von Arjen selbst gesungenen) ‚Carried by the wind‘ völlig unbeschwert wird. Den vorletzten richtigen Song ‚And the druids turn to stone‘ darf dann noch Ex-Threshold Sänger Damien Wilson ins Leben rufen, bevor Neal Morse (Ex Spock’s Beard) mit ‚The first man on earth‘ das Album würdig beendet. Fazit: ‚The Dream Sequencer‘ ist ein außergewöhnliches und atmosphärisch brilliantes Album dass über Monate hinweg seinen Reiz nicht verliert und in keiner Prog-Sammlung fehlen darf. (10|10)
Flight of the Migrator (65:39): Und es geht weiter in die Vergangenheit – genauer gesagt zurück bis zum Urknall. Um dieses Unternehmen zu verwirklichen schnappte sich Mastermind Lucassen rasch die Elitesänger europäischer Melodic Metal Bands (u. a. Bruce Dickinson, Andi Deris, Fabio Lione, Timo Kotipelto) und startet die Reise stimmig mit dem Stratovarius-ähnlichem Sologefrickel ‚Chaos‘. An dem folgenden ‚Dawn of a Million Souls‘ scheiden sich jedoch rasch die Geister; für die einen ist es eine wahnsinnige Hymne, für die anderen eine sinnlose Aneinanderreihung von Tönen. Eine gewisse Ohrwurmigkeit kann man jedoch nicht abstreiten. Nach dem etwas gesichtslosen ‚Journey on the waves of Time‘ geht es weiter mit dem großartigen Epos ‚To the Quasar‘, der mit starkem Refrain und klasse Gesang von Andi Deris voll überzeugen und die Tür für das unumstrittende Highlight dieses Albums ebnen kann: Das schon fast legendäre ‚Into the Black Hole‘ welches Ayreon in Reinkultur präsentiert und ein verdammt hohes Niveau spielerisch bis über die 10 Minuten Marke strecken kann. ‚Through the wormhole‘ lässt sich dann allgemein als ’nett‘ bezeichnen – ein typischer Speedmetalsong mit experimentiver Melodieführung und einem glänzenden Fabio Lione. Der Sänger der aber wohl auf dieser Platte am meisten über sich hinaus wächst ist ohne Zweifel Timo Kotipelto. Klingt seine Stimme auf den Stratovariuswerken noch irgendwie kraftlos und dünn, verleibt er dem bluesig rockenden ‚Out of the white hole‘ tatsächlich ein gutes Stück Leben ein. Die letzten beiden Songs (insbesondere das vorletzte ‚To the Solar System‘) dienen dann eher dazu die Story würdig zu beenden und wirken dank verstärktem Synth und Keyboardeinsatz angenehm atmosphärisch. Alles in allem also ein solides melodisches Metalalbum, das sich aber nicht wie der Dream Sequencer von anderen Genrehighligths abheben kann. Wer den Holländer also mal schwermetallisch erleben will, ist mit dem Star One Meisterwerk ‚Space Metal‘ weitaus besser aufgehoben als mit diesem Einstünder. (8|10)
Gut aufgeschlüsseltes Review! Ich stimme sogar bei den Einschätzungen der einzelnen Songs weitestgehend zu.
Highlights des ersten Teils (Persönliche Wertung 10/10): Eigtl alles, aber speziell ‚My House on Mars‘, ‚One small Step‘ und ‚The Druids turn to Stone‘ .
Highlights des zweiten Teils (8,5/10): ‚Dawn of a Million Souls‘, ‚To the Quasar‘, ‚Into the Black Hole‘.
Macht insgesamt eine 9/10 mit Tendenz zur Vollpunktzahl.