AYREONs „The Human Equation“, flötet das Engelchen auf der einen Schulter, ist gerade in der Live-Variante als „The Theater Equation“ das Nonplusultra: Das TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA inszeniert „Operation: Mindcrime“ als Verbeugung vor URIAH HEEP und JETHRO TULL. Mehr Bombast, mehr Musikalität, mehr Intensität, mehr Emotion, mehr Drama gehen nicht.
AYREONs „The Human Equation“, faucht das Teufelchen auf der anderen Schulter, ist erst recht in der Live-Variante als „The Theater Equation“ das Allerletzte: Andrew Lloyd Webber inszeniert ein AVANTASIA-Grusical als Verbeugung vor den DUBLINERS und David Garret. Mehr Kitsch, mehr Selbstüberschätzung, mehr heiße Luft, mehr Tralala gehen nicht.
Und die Wahrheit? Sitzt als Phantom in der Mitte.
„The Theater Equation“ bringt große Stimmen zusammen
Arjen Lucassen bringt seine Rock-Oper „The Human Equation“ zwölf Jahre nach deren Entstehung erstmals auf die Bühne. An vier aufeinander folgenden Tagen wird das Werk in Rotterdam aufgeführt. Die Shows sind rasant ausverkauft und das Spektakel wird nun in einem Mehrfach-BluRay-CD-Package und abgespeckten Versionen veröffentlicht. Das Doppelalbum ist für die Bühne neu arrangiert, AYREON resp. Lucassen bieten Streicher und Chor sowie einen Großteil der Originalstimmen der Studio-Version auf. Auf Grundlage der Story um einen verunglückten Protagonisten im Koma, dessen personifizierte Emotionen sich um die Deutung seines Lebens streiten, duellieren sich also neben anderen James LaBrie (DREAM THEATER) als das „Me“ der Hauptfigur, Devon Graves bzw. Buddy Lackey (PSYCHOTIC WALTZ, DEAD SOUL TRIBE) als „Agony“ und neuerdings Anneke van Giersbergen. Letztere ersetzt Mikael Akerfeldt (OPETH) als „Fear“. Und auch Devin Townsend („Rage“) ist nicht mehr am Start.
„The Theater Equation“ ergänzt seine Studio-Vorlage
Abseits der Besetzungs-Details und einhergehender vokalischer Änderungen weicht „The Theater Equation“ von seiner Studio-Vorlage nur in Nuancen ab. Der Chor bekommt seine Momente, es gibt geringfügige schauspielerische bzw. textliche Ergänzungen, das Publikum ist punktuell in seiner Euphorie vernehmbar.
Und das Auge? Das wird mit der „Theater Equation“ auch nicht beleidigt. Die Heldinnen und Helden, Mr. Graves zuvorderst, füllen die Bühne routiniert, die Requisite stimmt für eine Produktion dieses Budgets, die Kameraführung ist nicht hektisch.
Aber diese AYREON-Gleichung ist nicht endgültig zu lösen
Ein Hit heute wie damals ist das zum Ende explodierende „Loser“ und richtig gut sind AYREON immer dann, wenn sie zu ausufernden Orgel-Passagen irgendwo zwischen Hensley und Wakeman ansetzen. Aber ein Faible für Pathos bzw. Souveränität im Umgang mit männlichen wie weiblichen Nachtigallen braucht man insgesamt schon, um die gefühlt acht Stunden dauernde Aufführung am Stück durchzustehen. Und ein Herz für die Flöte.
Fazit: AYREON im Allgemeinen und „The Human Equation“ als deren vermeintliches oder tatsächliches Magnum Opus können nur geliebt oder gehasst werden. Entweder prinzipiell oder kontextabhängig. Bei mir ist tatsächlich mal HELLHAMMER noch nicht Teufel genug, mitunter aber auch die „Streets“-Inkarnation von SAVATAGE noch lange nicht genug Engel.
P.S.: 4/10 + 10/10 : 2 = 7/10. Aber eigentlich kann nicht jede Gleichung punktgenau gelöst werden.
ayreon sollte man eigentlich lieben, denn arjen ist ein musikalisches genie, ganz egal ob er nun mit ayreon, ambeon, stream of passion, the gentle storm oder einem seiner anderen projekte musik macht … magie pur.