Axxis - Coming Home

Review

Die Dortmunder Hardrocker um Sänger Bernhard Weiß haben es in den vergangen 35 Jahren nie wirklich geschafft, aus dem Schatten der alles überragenden SCORPIONS zu treten. Dabei stehen sich beide Bands musikalisch gesehen nicht sehr nahe. Für Novizen waren AXXIS aber speziell in den späten 80ern und frühen 90ern wie ein Brandbeschleuniger in Sachen Einstieg in die Welt des Heavy Metal.

Ein Abschied ohne Alterserscheinungen

Nach einem letzten Aufbäumen auf dem Rock Hard Festival von zwei Jahren, legen AXXIS mit ihrem 16. Album „Coming Home“ jetzt einen unerwarteten Endspurt hin und läuten damit ihren Abschied aus dem Business ein. Keyboarder Harry Oellers hat mit der Ankündigung die Band nach 34 Jahren zu verlassen, das Ende eingeläutet. Ohne einen Paukenschlag wird dieses Buch aber nicht zugeklappt und mit genau diesem startet „Coming Home“. Flott legt die Band mit „Blackest Vision“ los, wobei das Keyboard den Song deutlich dominiert. Das Arrangement steht Pate für den Gesamtsound des Albums.

„Coming Home“ trotzt der aufkeimenden Melancholie mit überbordendem Pathos

Die Produktion ist dem Jahr 2024 angemessen, das Songwriting aus dem Hause AXXIS beispiellos. Schon der Titeltrack sägt mit dem penetrant eingängigen Chorus an den Nerven, dass es in den Fingern juckt, den Song zu skippen. Immerhin folgt mit „Atlantica“ ein ordentliches Riff-Brett, was die Nummer trotzdem nicht davor bewahrt im Dickicht der Willkür zu verschwinden. Ein weiterer Tiefpunkt auf „Coming Home“ ist der Gute-Laune-Song „Irish Way Of Life“, der auf wenig subtile Art breitbeinigen Folk-Metal liefert, der mit Hinzugabe von ein bisschen Weichspüler genauso auf einem SANTIANO-Konzert auftauchen könnte.

AXXIS könn(t)en es besser

Grundsätzlich ist „Coming Home“ aber keine schlechte Platte. Immerhin finden sich auch Perlen wie „Legends Of Phantasia“ mit Power-Metal-Poesie und Double-Bass-Antrieb oder „Ready To Burn“ mit lässigem Beat und grooviger Gitarrenarbeit darauf. Ganz zu schweigen von der Halbballade „Dark Angel“, die wie aus der Zeit gefallen ist und wunderbare 90ies Vibes versprüht und gleichzeitig die Sternstunde von Bernhard Weiß darstellt, der schon immer eine herausragende Stimme besessen hat und in einer Liga wie Michael Kiske singt. Warum die Band das Album mit einer Profanität wie „I Wont Sell My Soul“ beendet, bleibt ein Geheimnis. Das Intro-Lick erinnert jedenfalls verdächtig stark an den „Refried Boogie“ von CANNED HEAT. Die Umsetzung des Songs könnte aber aus dem Lehrbuch „Wie schreibe ich einen Schlager-Metal-Song“ entnommen sein.

Ein Abschied zur falschen Zeit

AXXIS sind lange genug im Geschäft und haben mit Alben wie „Kingdom Of The Night“ und „The Big Thrill“ bewiesen, dass sie Hardrock und Heavy Metal spielend miteinander vereinen und dabei selbst Superstars wie BON JOVI oder DEF LEPPARD blass aussehen lassen können. Gerade deshalb hätte man sich von den Dortmundern eine Abschiedsplatte mit ungeschliffenen, bluesigen und – jawohl – frecheren Songs gewünscht.

„Coming Home“ besitzt allerdings eine ambitionierte Produktion und ein extrem gefälliges Songwriting, sodass AXXIS sich damit ein eigenwilliges Denkmal gesetzt haben.

29.07.2024

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