Was Soulpultura für Brasilien und Ektomorf für Ungarn sind, sind Awful Noise wohl für die Nieder- und Oberlausitz. Denn dort wurde die sorbische Sprache (gehört zu der westslawischen Sprache) in der Hauptsache gesprochen, und noch heute leben ca. 60.000 Sorben in Deutschland – vornehmlich in Sachsen und Brandenburg (Mann, da ist aber der Oberlehrer in mir durchgegangen). Und schon wären wir bei einer Message dieser vierköpfigen deutschen Band: sie versuchen auf das Aussterben eines ganzen Sprach- und Kulturzweiges aufmerksam zu machen, indem sie nicht nur englische, sondern auch eben die sorbische Sprache mit in ihre Texte einbauen – also, nicht wundern beim Lyrics studieren. Neben sorbisch sprechen, machen sie natürlich auch Musik, was leider aber etwas zu knapp ausfällt. Denn dieses Mini-Album hat nur fünf Lieder, im Schnitt knappe vier Minuten lang. Auffällig an der Instrumentenliste ist neben dem Üblichen die Violine, bedient durch den Sänger und Gitarristen Peter Ziesch (wie macht der das alles?), die dem ganzen einen volkstümlichen Touch gibt. Speziell im letzten Lied „Zrudna kermusa“ (fragt mich bitte nicht, was das heißt) kommt diese zum Einsatz und harmoniert mit den rockigen Gitarren und der ebenfalls souveränen Stimme des zweiten Mannes am Mic und der Gitarre, Tino Dernehl. Er ist erst letztes Jahr an Bord gesprungen. Insgesamt spielt diese Combo einen soliden Hardrock. Die Gesangspassagen steigern sich von ganz melodisch bis hin zu sehr emotional (gut!), passend zu den entsprechenden Gitarren. Jedoch habe ich manchmal den Eindruck, dass sie etwas mit der angezogenen Handbremse agieren. Es würde nicht schaden in den Höhepunkten noch härtere/schwerere Bretter zu fahren und auch im Gesang mal richtig aus sich heraus zu kommen, ihre Stimmgewaltigkeit mal auszunutzen. Nichts desto trotz bin ich sicher, dass sie ihren Fankreis mit diesem Fundament gut erweitern können. Also Jungs: touren, touren, touren. Denn so Awful seid ihr nicht, und Noise macht ihr schon gar nicht!
"zrudna kermusa" heißt traurige kirmes; doch nicht nur hier offenbart sich das fehlende verständnis des rezensenten für den sorbischen metalact. 10 punkte für den beitrag, eine vom aussterben bedrohte sprache über einen sich stetig verkleinernden kulturkreis hinaus publik zu machen, 10 punkte für die wunderbaren arrangements, 10 punkte für eine im hinblick auf songanzahl extrem abwechslungsreiche struktur, 10 punkte für den engelsgleichen gesang.
Serbskatolska!
Ich bin durch Zufall auf diese CD gestoßen. Einfach genial !!! Ich bin Wende und höre nur Heavymetal. Ich hoffe, es kommen noch mehr solche geile Bands mit sorbischen Liedern auf den Markt. Die Kombi aus Englisch und Sorbisch finde ich super.
Dobry dźeń!
Bin auch stolzer Sorbe und daher sehr erfreut über diese Veröffentlichung und vor allem darüber, dass es auch sorbisches Liedgut auf der Scheibe gibt. Im Alltag spreche ich Gott sei Dank fast nur Sorbisch, allerdings muss man ja leider bei Musik und Medien Abstriche machen …
Die Rezension finde ich gar nicht so schlecht – und Geschmack ist nun mal großteils subjektiv.
Auf unsere sorbische Heimat 🙂 !