Avulsed - Cybergore
Review
Das Promo-Info liest sich wie ein schlechter Witz: „The easiest comparison would be Fear Factory’s Remanufacture, but this is far more heavy, brutal & aggressive! From the combination of Death Metal’s heavy guitars & gutural vocals with techno beats and cyber-sounds, comes one of the most original, powerful & pretentious experiments ever made with a great result considering how opposite both music styles are!!“ Kann Cybergore die hochgesteckten Ziele erfüllen? Fear Factory lieferten mit Remanufacture ein gelungenes Werk ab und schafften es, ihre Metal-Songs zu genialen weil extrem abwechslungsreichen Techno-Songs mixen zu lassen, die von Gabber bis Trance alles abdeckten und die in keinem Bereich irgendwie den Blick auf Kommerz durchschienen ließen, zumal Remanufacture ja bereits ihr zweites Remix-Album war. Daß sich aber mit Techno bzw. der abgeschwächten und innovationsloseren Variante Dancefloor viel Geld verdienen läßt, läßt sich nicht von der Hand weisen. Jon von Dissection versuchte sich an einem Projekt und vermengte lächerliche Effekte mit stupiden Drums zu etwas vollkommen Unbrauchbaren namens Symphonia De Infernali. Es gehört also schon etwas mehr dazu, ansprechenden Techno zu produzieren und Bands, die ihr Leben lang die Gitarre gezupft haben oder auf einen Hohlraum trommelten, dürften wohl kaum innerhalb weniger Monate den Umgang mit völlig neuen Instrumenten und einer völlig anderen Musik erlernen können… Und genau so kommt Cybergore daher: Einige Metaller schauen sich oberflächlich an, aus was ein „Techno“-Song besteht und vermengen ihren Death Metal mit etwas bumbum, ein paar Break-Beats und einigem Tsching-Tsching. Das Ergebnis klingt nicht nur billig, sondern so leblos, daß primitives a la Blümchen weitaus mehr überzeugen kann. Das ganze wird dann noch in ein buntes Booklet mit Standard-Fonts und Grafiken gestopft, die zwar nett aussehen, aber auch nicht anders, wie die x-te Kommerz-Techno-Kompilation, die in den Werbepausen zwischen Yogurette und Milchschnitte durch die Gegend flattert. So nicht, Avulsed! Techno besteht aus mehr als nur bumbum und zu einer Symbiose gehört viel mehr, als ein paar simple Samples über den eigentlichen Song zu mischen. Aber die Band wußte wahrscheinlich, daß sich niemand mit diesem Werk anfreunden könnte: „This release doesn’t mean a change of style for the band!!“. Denen, die sich wirklich für eine Symbiose verschiedener Musikrichtungen interessieren, seinen Bands wie Fear Factory, Bile oder auch „die andere Seite“ in Form von Prodigy und Atari Teenage Riot empfohlen! Ebenso wenig wie die Musik kann der angehängte CD-ROM-Track überzeugen und als „Awesome“ kann man ihn schon gar nicht bezeichnen. Vor einem Jahr vielleicht hätte man so etwas ohne Umschweife in den Himmel gelobt, doch der Globus hat sich weiter gedreht und im Internet und Multimedia-Bereich ist viel passiert. So hätte man zumindest auf zwei Entwicklungen Rücksicht nehmen sollen: Erstens werden fast alle Multimedia-Anhängsel mit dem Macromedia Director zusammengebaut und können unter Windows und Mac ausgeführt werden, zweitens ist die Bedeutung des Internet immer weiter gestiegen und dank dem Internet Explorer 4 auf vielen Rechnern ein recht brauchbarer Browser vorinstalliert, der z.B. auch mit Videos umgehen kann. Soll es simpel sein, reicht also HTML, soll es viele Animationen und anderes geben, kommt der Director zum Zuge. Avulsed dagegen haben sich mit dem Acrobat-Format von Adobe angefreundet, dessen Sinn eigentlich in der Darstellung von langen gut formatierten Dokumentationen mit Bildern besteht und nicht in multimedialen Spielereien. Als Ergebnis kann man nicht einfach eine HTML-Datei öffnen und darf dort einen Link auf ein Video anklicken, was sofort angezeigt wird, sondern muß erst einmal zwei Betrachter installieren, wobei sich der Quicktime-Betrachter nicht mehr deinstallieren läßt! Was man dann zu sehen kriegt, ist leider den Aufwand nicht wert: Standard wie eine Biographie, dazu selten nutzloses wie *vergangene* Tourdaten und ein recht brauchbares Live-Video. Wen das Death-Metal-Video ansprechen soll, wage ich nicht zu beurteilen, denn Metaller werden diese CD sicher nicht kaufen. Also bleibt auch hier nur das Fazit: Nice try… Die Band sollte sich das nächste Mal lieber tiefer mit der Materie beschäftigen, anstatt so etwas unausgegorenes herauszubringen…