Avantasia - The Mystery Of Time

Review

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Er hat es wieder getan! „The Mystery Of Time“ markiert quasi den Rücktritt vom Rücktritt, den Tobi Sammet nach der AVANTASIA-Show auf dem „Wacken Open Air“ 2011 verkündet hatte. Mag Sammet damit zwar auch gewissermaßen wortbrüchig geworden sein, so darf man sich in diesem Fall dennoch darüber freuen, denn mit der neuen AVANTASIA-Scheibe liefert der quirlige Frontmann einen absoluten Geniestreich ab.

Wer den bisherigen Werdegang des Rockoper-Projekts verfolgt hat, dürfte von „The Mystery Of Time“ kaum überrascht sein, stellt es doch gewissermaßen die musikalische Quintessenz von Sammets bisherigem Schaffen dar. Fans der ersten beiden Alben dürfen sich über die wieder vermehrt vertretenen Power-Metal-Hymnen klassischer Prägung freuen. Besonders die beiden mit Michael Kiske eingesungenen Stücke („Where Clock Hands Freeze“ und „Dweller In A Dream“) erinnern überdeutlich an die Anfänge von AVANTASIA.

Das heißt nun mitnichten, dass die Experimentierfreude und der symphonische Breitwand-Bombast des „Wicked Symphony“/“Angel Of Babylon“-Doppelschlags verschwunden wäre. Immerhin arbeitet Sammet nun erstmals mit einem echten Orchester, welches die Arrangements von Michael „Miro“ Rodenberg brilliant in Szene setzt. Gemeinsam mit der formidablen Produktion von Sascha Paeth hebt dies das Klangerlebnis bei AVANTASIA auf ein völlig neues, fast schon erschreckend perfektes Level.

Für Abwechslung sorgt einmal mehr die buntgemischte Sängerriege. Neben Tobi Sammet selbst und dem bereits erwähnten Michael Kiske sind diesmal mit Joe Lynn Turner, Biff Byford (SAXON), Ronnie Atkins (PRETTY MAIDS) und Eric Martin (MR. BIG) vor allem „neue“ Gesichter mit an Bord. Das Wechselspiel der charakteristisch unterschiedlichen Stimmen macht ohnehin den wohl größten Reiz eines Rockoper-Projekts aus, das ist bei AVANTASIA nicht anders als bei AYREON.

Und wo wir gerade bei AYREON sind: Arjen Lucassen hat zu „The Watchmaker’s Dream“  ein Gitarren-Solo beigesteuert, das den Spirit seines eigenen Projekts wunderbar in die Welt des ewigen Konkurrenten hineinträgt. Zusammen mit den Hammond-Sounds von Ferdy Doernberg bekommt der Song somit eine ganz besondere Note. Überhaupt offenbart jedes einzelne Stück bei genauerer Betrachtung einen individuellen Charme und fügt sich dabei doch harmonisch in den Gesamtkontext des Albums ein.

Kontrovers dürfte die Ballade „Sleepwalking“ diskutiert werden, die Sammet wieder einmal im Duett mit Cloudy Yang singt. Selbst denjenigen, die „Lost In Space“ geliebt haben, könnte der extreme Pop-Appeal des Songs eine Nummer zu dick aufgetragen sein. Wenn man sich davon jedoch nicht abschrecken lässt, muss man eingestehen, dass das Lied hervorragend funktioniert und das Album um eine weitere interessante Facette bereichert.

Ausgerechnet der anfängliche Lieblingssong „Invoke The Machine“ nutzt sich bei mehrmaligem Hören etwas zu schnell ab und kann als „nur“ gutes Stück letztlich nicht gegen den formidablen Opener „Spectres“, der zunächst etwas sperrig wirkte, anstinken. Echte Kritik kann man indes nur auf allerhöchstem Niveau ansiedeln, denn „The Mystery Of Time“ ist ein fantastisches Album geworden, das Tobi Sammets als brillianten Songschreiber zeigt und nur um Haaresbreite an der Höchstnote vorbeischrammt.

Fast könnte man den Eindruck bekommen, dass Tobi Sammet bei seinem neuesten Album auf Nummer sicher gegangen ist, doch damit würde man dem Kreativkopf unrecht tun. Vielmehr schafft er es, den Kern von AVANTASIA so perfekt zu präsentieren wie nie zuvor und kann damit die hohe Erwartungshaltung der Fans uneingeschränkt erfüllen. Spätestens wenn sich Bob Catley im abschließenden „The Great Mystery“, dem zweiten der beiden vielschichtigen Longtracks, in den Sängerreigen einreiht, kann man sich einer Gänsehaut nicht mehr erwehren und betätigt begeistert den „Repeat“-Knopf der heimischen Anlage.

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20.03.2013

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4 Kommentare zu Avantasia - The Mystery Of Time

  1. moosegrinder sagt:

    Diese Art von Powermetal kann man mögen oder nicht, das ist einfach Geschmacksache. Aber uninspirirten kitschigen Powermetal eine „Rockoper“zu nennen ist entweder eine Zurschaustellung der eigenen musikalischen Ahnungslosigkeit, es ist Anbiederung oder es ist einfach nur eine Frechheit.
    Daran ändert auch ein Orchester nichts, noch eine Runde illustrer Gastmusiker – sorry, klingt hart, aber Scheiße kann man nicht vergolden. Herr Sammet ist sicher ein sympathischer Typ, musikalisch überschätzt er sich leider gnadenlos, und das seitdem er angefangen hat Musik zu machen. Das hier ist Powermetal, der versucht seine Einfachheit zu cachieren, indem er mit Orchester etc. zugekleistert wird. Wer’s mag…aber wenn ich schon „Rock Opera“ hören will, dann hör ich doch eher Queen oder Ayreon. Sicher nicht Avantasia. Schlimm dass diese Band immer noch so vermarktet wird, wo es doch so viele talentierte und innovative Bands gibt, die kein Schwein kennt.

    5/10
  2. Florian Schörg sagt:

    Mit Meinungen ist das immer so eine Sache, genauso wie mit Geschmäckern oder Definitionen von Begrifflichkeiten. Bezüglich letzterer verweise ich aber gerne auf die Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Rockoper
    Diese Definition – in der sich das neue Avantasia-Album zweifellos wiederfinden lässt, während man irgendwelche Queen-Alben hier meines Wissens nach vergeblich suchen würde (oder vergesse ich hier gerade ein entsprechendes Werk der unbestrittenen Rock-Götter?) – muss man natürlich für sich selbst mitnichten anerkennen, unter dem Gesichtspunkt maximaler allgemeingesellschaftlicher Verständlichkeit halte ich es jedoch durchaus für praktikabel, mich darauf zu berufen und diese Definition weiterhin zu verwenden, selbst wenn mir das in den Augen eines exquisiten Kreises unserer Leserschaft die Aura der musikalischen Ahnungslosigkeit verleihen mag.

  3. der bär sagt:

    Ist das Neid?????????? Es ist schon komisch, dass wirklich gute Musik aus Deutschland im eigenen Land immer am schlechtesten ankommt. Natürlich will ich Tobi nicht unbedingt auf die Spitze des Rockolymps hiefen, aber er nicht so unterirdisch wie er hier gemacht wird. Auf jeden Fall ist dieses Album absolut hörenswert und schafft Gänsehaut. Wem es nicht gefällt muss es ja nicht kaufen, so einfach ist das.

  4. Gerd Klummpp sagt:

    Also Leute mal ehrlich. habe das Album heute bei einem Kumpel gehört. Ich bin ein bekennender Sammet Hasser und es passt mir gar nicht zugeben zu müssen, daß dieses Album gut ist. Zu mehr lasse ich mich aber nicht herab, sonst müsste ich ja auch sagen Bayern München ist ganz ok. Das ist mit Bayern wie mit Sammet denke ich, Liebe oder Hass zwischen drin gibt es nicht viel, aber man sollte objektiv bleiben.