Nach dem tragischen Krebs-Tod von Sänger Michael Eikenaar gingen scheinbar auch die kreativen Vorstellungen bei DODECAHEDRON auseinander, sodass Mastermind Michel Nienhuis kurzerhand neue Musiker um sich geschart und AUTARKH ins Leben gerufen hat. Aufgeben scheint nicht drin zu sein und kreative Freiräume wollen erkämpft werden. Für all das soll nun das Debütalbum „Form In Motion“ stehen. Elektronische Einflüsse werden immer noch mit einem Metal-Fundament vermischt, aber auch sphärischere und ruhigere Klänge haben sich eingefunden. Was das abstrakte und formlose für DODECAHEDRON etwa auf „kwintessens“ war, ist das experimentelle, aber doch ebenso emotional-menschlich berührendere Songwriting bei AUTARKH, aller digitalen Einflüsse zum Trotz. Das Chaos wird hier tatsächlich noch mehr zu Form, könnte aber auch den ein oder anderen vor den Kopf stoßen.
Fiese Riffs (runtergestimmt, versteht sich von selbst) und ein brummiger Bass machen unmissverständlich klar, es hier immer noch mit Metal zu tun zu haben. An Breakcore, Industrial und experimentellere elektronische Geschichten erinnernde Percussion (ein richtiges Schlagzeug) so wie Synthiesequenzen sind dann für den experimentellen Anteil auszumachen. GODFLESH, MINISTRY, THE BERZERKER, aber auch THORNS oder DODHEIMSGARD zu ihren eher experimentelleren Phasen lassen grüßen. Manche der krummen Elektronikeinsprengsel erinnern gar an die kongenialen und wirren AUTECHRE, die völlig ausserhalb des Metalkosmos stehen. Und doch würden diese Referenzen dem Gebotenen auf „Form In Motion“ nicht ein vollständig korrektes Bild liefern.
„Form In Motion“ versteht sich als weniger als amorphe Masse eingangs erwartet
„Primitive Constructs“ leitet bereits ominös und ungemütlich als Intro ein, ehe es in „Turbulence“ mit einer klinisch-industriellen Atmosphäre los geht. Elektrobeats treffen auf Black-Metal-Riffs treffen auf herausgerotzte Texte in Staccato-Rhythmik, die an einen Jens Kidman von MESHUGGAH erinnern. „Cyclic Terror“ mäandert in seinen Elektronika einerseits daher, anderseits ist das Ergebnis fast schon groovig. Auffällig ist, dass AUTARKH im Gegensatz zu solchen Extremisten wie etwa IPERYT oder im tatsächlich elektronischen Bereich APHEX TWIN trotz aller lebensfeindlichen, abweisenden Atmosphäre recht Hörer-verträglich vorgehen. Einen amorphen Malmstrom, den man angesichts von Cover und Elektronik erwartet, gestaltet sich weitaus eingängiger und Hörer-verträglich als erwartet.
Es gibt Melodien, eingängie Passagen und selbst teils cleanen Gesang zwischen all der Hektik und Formlosigkeit wie kleine Inseln und Objekte, an denen man sich festhalten kann. Die vollkommen scheuklappenfreie Herangehensweise, die trotzdem klassischen Songwriting-Tugenden nicht fremd bleibt, ist somit vielleicht sogar in Summe zugänglicher, als es der Black Metal von DODECAHEDRON je war.
AUTARKH dürften ruhig noch mehr an der Extremismusschraube drehen
„Form In Motion“ gestaltet sich spaßig, trotz der prominenten elektronischen Einflüsse noch äußerst hörbar, aber in Sachen Wahnsinn ebenso noch abgedreht genug, um nichts für den Otto-Normal-Metaller zu sein. Das einzig Negative ist hier, dass man fast ZU eingängig und nett unterwegs ist. Nachdem man sich mit den Elektronika bei schätzungsweise eh schon 95% aller Metalheads in die Nesseln gesetzt hat, warum nicht noch die letzten Schritte gehen und sich noch assiger machen, Cleangesang raus, mehr musikalischer Extremismus im Geiste solcher Bands wie DUMA rein!
Auch ist kompositorisch mit der ersten Albenhälfte eigentlich alles auserzählt und neuerliche spannende Kniffe oder Überraschungen braucht man von dem, was man in „Turbulence“ anfangs mitgenommen hat, in „Alignment“ oder „Clouded Aura“ nicht mehr großartig erwarten. Immer noch gutklassige Songs, aber es kommt kompositorisch einereits nichts neues und andererseits hat man sich an dem Punkt dann schon größtenteils satt gehört. „Form In Motion“ bleibt trotzdem ein gelungener Einstand für AUTARKH, den scheuklappenbefreite Metaller, die sich auch durchaus für oben genannte Bands und Elektronika erwärmen können, definitiv austesten sollten.
Kommentare
Sag Deine Meinung!