Auðn - Vökudraumsins Fangi

Review

Galerie mit 12 Bildern: Auðn - Tyrant Festival 2018

Auch “Vökudraumsins Fangi” von AUÐN beweist: Island bleibt ein Garant ungezügelter Black-Metal-Kreativität. Wer eine stark melodische Ausprägung des extremen Genres bevorzugt, muss den Blick mit dem neuen Album von AUÐN zum nordischen Inselstaat richten. Spätestens, denn Bands wie MISÞYRMING, NAÐRA, SINMARA und die deutsch-isländische Zusammenarbeit ÁRSTÍƉIR LÍFSINS hätten es längst richten sollen. Natürlich auch AUÐN selbst, die im Gegensatz zum deutlich finsterer brodelnden Epizentrum der schwarzen isländischen Szene eine sehr atmosphärische Form des Black Metal kreieren.

AUÐN veröffentlichen dunkle Kunst mit Lichtblicken

Nachdem schon ihr Vorgänger “Farvegir Fyrndar” mächtig punkten konnte, treffen die sechs Isländer erneut großartige musikalische Entscheidungen. Dabei gehen AUÐN bewusst klassisch vor, setzen auf ausgefeilte Melodien statt auf Dissonanzen und erreichen dabei auch eufonische Ebenen – wie das flirrende Riff in “Birtan Hugann Brennir“ zum Beispiel. Zerrissen wird die hoffnungsfroh anmutende Stimmung immer wieder von Melancholie und Dramatik. So entfaltet “Vökudraumsins Fangi” eine enorme Sogwirkung, die fraglos zum Durchatmen und Finden in Wälder und in die Berge lockt und nicht zu geheimen blasphemischen Ritualen in verstecken Kellern lädt.

“Vökudraumsins Fangi” ist ein Genre-Highlight

Inhaltlich richten sich AUÐN philosophischer aus: Der Albumtitel “Vökudraumsins Fangi” lässt sich mit “Gefangener des Tagtraums” übersetzen und meint die fortwährende Täuschung eines Lebens, das nie stattfand. Musikalisch setzen sie ihre Themen mit atmosphärischem Black Metal um, der jederzeit genug Abwechslung bietet, um fast eine Stunde lang zu begeistern: klassische Lead-Gitarren-Parts wechseln sich mit kratzenden Midtempo-Passagen, flammenden Harmonien und brachialen Riffs ab. Vor allem beim Melodieaufbau gehen AUÐN permanent die Extrameile und entfalten ihre Ideen zu beachtlichen Sound-Fächern – hervorragend zu hören in “Horfin Mér”. Die Vocals bewegen sich auf einer Bandbreite von klagend bis wütend.

Das perfekte Album für die Herbstzeit

Weil all diese Farbtupfer für die anspruchsvollen Isländern nicht genug sind, haben sich auch Gastmusiker verewigt: Arnaldur Ingi Jónsson mit der Hammond-Orgel auf “Næðir Um” und “Horfin Mér” sowie Magnús Jóhann Ragnarsson (Klavier und Mellotron) auf “Næðir Um” und dem Titeltrack. “Vökudraumsins Fangi” ist kein Album für die überfüllte U-Bahn während des Arbeitswegs, sondern ein Kunstwerk, das bei einem herbstlichen Spaziergang in der Natur besonders kraftvoll strahlt.

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12.11.2020

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13 Kommentare zu Auðn - Vökudraumsins Fangi

  1. nili68 sagt:

    Sehr geil! Genau die Art Black Metal, die ich mag. Season Of Mist halt. Das Einzige, was nicht fast perfekt ist, ist der Gesang, der mir ’ne Spur zu hysterisch ist.

  2. doktor von pain sagt:

    Schönes Album. Gefällt mir besser als der Vorgänger, bei dem mir die Lieder eine Ecke zu gleichförmig waren.

    8/10
  3. RTF sagt:

    100% Zustimmung. Wäre der Gesang etwas anders, ich kann nicht einmal genau sagen wie, wäre das ein Kandidat für ein 10/10 Album.
    Aber 9/10 geht definitiv durch, der Vorgänger war ebenfalls schon grandios.

    9/10
  4. Schraluk sagt:

    Insgesamt härter sind sie geworden. Find ich erstmal gut. Und diese fürchterlich einlullenden und langweiligen runtergedrosselten Parts mit diesen jaulenden Gesangsparts sind weniger geworden. Das ist auch schon mal was.
    Die Leistungssteigerung beim Gesang fällt sofort ins Ohr. Ich fand Hjalti Sveinsson als Sänger auf ‚Farvegir Fyrndar‘ eher komplett missglückt. So richtig hat mich das nicht überzeugt. Gerade auch bei den genannten einlullenden, cleanen und langweiligen Parts. Der Gute guckt sich offenbar jetzt aber die Sonne von ganz unten an. Ziemlich variabel Ist er geworden, zwischen Gekreische, Gebrülle und Gegrowle wird jetzt mächtig rumgemacht. Und zwar richtig nett. Vielleicht schafft er das dann auch mal live. Das war bisher ne Vollkatastrophe.

    Am Ende gibts aber nur 5 Punkte. Die Hälfe der Songs, wie u.a. ‚Verður von að bráð‘, sind glatte 8 Punkte wert, mit Zuckerguss, Sahne und Amarenakirsche. Die andere Hälfte find ich aber wie immer bei Auðn ziemlich langweilig.Teilweise nicht mal 2 Punkte dafür. Die Melodien catchen mich kaum bis gar nicht. Zu abgestanden und irgendwie bekannt. Vielleicht spielen aber auch dissonante Wände eine entscheidende Rolle. Und die weigern sich Auðn fast durchgehend einzusetzen. Dürfen die ja auch.

    Auðn haben Potenzial. Ganz bestimmt. Da möchte ich unbedingt wohlwollend rangehen. ‚Vökudraumsins Fangi‘ ist ein Quantensprung. Die können jetzt richtig gute Songs schreiben, die Jungs. Aber nur manchmal. Manchmal machen sie die Fehler die 3/4 aller sogenannter atmosphärischer Black Metal Bands momentan machen. Langeweile und Beliebigkeit zu verbreiten. Zum Beispiel. Manche machen das nicht und sind deshalb viel besser für mich. Wie Sunken, Fen, Afsky und andere dieses Jahr. Und Island hat so viele fantastische Kombos, dass mir eine eben auch nicht gefallen darf. Ist einfach so.

    5/10
  5. Watutinki sagt:

    Ganz ordentliches Teil, ohne das Rad neu zu erfinden und für mich so ein typisches BM Wohlfühlalbum, auf das sich sicherlich fast alle irgendwie einigen können. Der Gesang mag etwas zu hysterisch klingen, aber der Kontrast ist hier denke ich erforderlich, weil das Ganze sonst zu beliebig und zahm rüberkommen würde. Würde nicht allzu häufig bei mir auf dem Plattenteller landen, ist objektiv gesehen aber mind. die 7 Punkte wert.

    7/10
  6. Master sagt:

    Ich find’s großartig. Fand aber auch das letzte Album schon sehr toll und es war der ideale Soundtrack für meinen Island-Trip. Da ich das schon mit 9/10 bewertet hatte, muss es nun also die 10 sein.
    Den Gesang finde ich gerade interessant, weil er eben nicht diese gewöhnliche Gleichförmigkeit hat und die Musik packt mich persönlich von vorne bis hinten.

    10/10
  7. MorbiderMichael sagt:

    Man habsch mich schwer getan mit der Platte aber am Ende, isses für mich ne solide 8/10.

    Das hysterische Gekreische, empfinde ich persönlich sogar als sehr angenehm, muss aber am Ende auch Bands wie A Night in Texas liegen 😅. Ich persönlich sehe bei der Platte noch Luft nach oben, da nicht jedes Lied in seiner Qualität gehalten werden kann. Weiterhin muss man sich bei einer Wertung von 9/10 auch Vergleiche mit der aktuelle Scheibe von Panzerfaust gefallen lassen und da ist dann am Ende des Tages, doch ein hörbare Unterschied erkennbar.

    8/10
  8. Watutinki sagt:

    Hab so ein wenig das Problem mit dem Album, ich kann mir daruner nicht viel vorstellen. Die Mucke hat was, sie klingt aber weder brutal, aggressiv, infernalisch, dunkel, tragisch, depressiv, ich finde nicht einmal besonders herbstlich oder sonst etwas. Eigentlich habe ich keine Bilder im Kopf, ich könnte auch an Blumentöpfe dabei denken. Die Musik steht für sich selbst und das wars. Das ist häufig mein Problem mit modernerem BM, er ist beliebig geworden.
    Im Interview ist zu vernehmen, „einen größeren Soundscape zu schaffen“. Das ist natürlich löblich, aber es kann auch dazu führen, dass die Musik am Ende etwas beliebig klingt und der BM selbst für nichts mehr steht, wenn sich das in der Szene verselbständigt.

  9. nili68 sagt:

    Mittlerweile ist Black Metal zu vielschichtig, als dass man sagen könnte, wofür er steht. Man KANN das auch beliebig nennen. Im Ansatz kann ich dem nicht mal widersprechen, aber wenn die Qualität generell stimmt.. dann ist halt jedes Album ein Genre für sich. lol Ich finde allerdings, dass man es mit der Vielseitigkeit manchmal auch etwas übertreibt, wie man an Bands wie Enslaved oder auch Ulver (frühe) sieht. Das kann dann durchaus zu Beliebigkeit führen.
    In diesem Falle hier geht mir mittlerweile eher der Gesang richtig auf den Sack, der imo überhaupt nicht passt und das Ganze erheblich runter zieht. Nicht 100% vergleichbar, aber ich glaube ich bleibe doch bei Winterfylleth, Fen und so. Schade, die Musik gefällt mir nämlich ziemlich gut und erzeugt durchaus Bilder im Kopf. Der Gesang ist auch nicht direkt scheisse, paßt hier imo aber halt nicht.

  10. Watutinki sagt:

    Dass ist halt der riesige Unterschied zu DS, hier geht vor allem und in erster Linie darum, Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Von finsteren, mittelalterlichen, fantasievollen, entrückten Welten die i.d.R. die finstere Seite abbilden. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass DS die Essenz des BM’s der 2. Welle abbildet, die leider verloren gegangen ist.

    Der moderne BM kommt eigentlich dem Techno sehr nahe. Der Sound kickt, man kann wunderbar dazu abzappeln, aber inhaltlich bietet er kaum etwas, dass Imganiation erzeugt. Die Musik steht halt für sich alleine und gefällt entweder oder nicht.

    Den Ulver Vergleich finde ich gar nicht so passend. Ulver sind zwar extrem Vielschichtig, aber ihre einzelnen Alben haben i.d.R. ein abgeschlossenes Konzept, welches durchaus auch jeweils etwas vermittelt.

  11. nili68 sagt:

    Musik mit einem gewissen Anspruch sollte immer auch Bilder im Kopf erzeugen, wenn’s keine reine Feiermucke ist, die auch nur darauf ausgelegt ist. Egal welches Genre.
    Ich glaube du suchst etwas im Black Metal, was dieser einfach nicht hergibt und verklärst die Vergagenheit. Zu Casio-Musik… äh DS sage ich jetzt nichts. Ich will jetzt nicht negativ oder streitlustig klingen. ^^
    Ulver? Ja, ich sag‘ mal, die Band hat halt generell was an sich, das mir nicht zusagt, egal was die gerade machen. Nicht mein Ding und abgehakt. Vielleicht ist das ja gut..

  12. Watutinki sagt:

    Feiern klingt so negativ, wie Du es schreibst. Man kann auch in die Clubs gehen und einfach nur die Musik genießen, darauf abzappeln, das Ambiente genießen, sich in einen Sog mitreißen lassen. Was Du meinst ist eher Partymucke, oder?

    Unabhängig davon, ob ich eine verklärte Vergangeheit habe, dieser neue, moderne Musik erzeugt bei mir halt oftmals keine Bilder. Das hat glaube ich nichts mit der Vergangenheit zu tun. Der BM Sound scheint immer mehr universeller zu werden und kann daher auch für die unterschiedlichsten Dinge adaptiert werden. Das klingt erst Mal toll, aber es geht halt auch ziemlich was verloren.

  13. nili68 sagt:

    Das ist einfach der Lauf der Dinge.Black Metal ist halt nicht mehr so neu und aufregend, hat ein breiteres Publikum usw. Man wird auch älter und nimmt Dinge anders wahr..