Audioslave - Out Of Exile

Review

Darf man im Falle einer Supergroup, wie sie AUDIOSLAVE darstellt, überhaupt davon sprechen, dass sie ihren Kinderschuhen entwachsen ist? Egal, wir machen das jetzt einfach mal, denn das mit Spannung erwartete Zweitwerk des RAGE AGAINST THE MACHINE- respektive SOUNDGARDEN-Nachfolgers lässt diese These offen zu.
Verleitete einen das mit weltweit mehr als vier Mio. verkauften Einheiten höchst erfolgreiche, selbstbetitelte Debüt noch zu der Ansicht, dass sich die Herren Cornell, Morello, Wilk und Cummerford aus dem Sandkasten, dessen Sand aus ihren ursprünglichen Bands bestand, auf dessen Rand gesetzt hatten, um von außen ihre Sandkörner zu einer riesigen Burg aufzutürmen, hat sich das Quartett drei Jahre später auf einen anderen Spielplatz begeben, auf einen Erwachsenenspielplatz. Anno 2005 klingen AUDIOSLAVE nicht mehr wie RAGE AGAINST THE SOUNDGARDEN, sprich nicht mehr nach einem musikalischen RATM-Fundament, über das Cornell seine unnachahmlichen Vocals legt. Viel mehr haben es diese vier gestandenen Musiker geschafft, ihre Kindheit und Jugend hinter sich zu lassen und sich den neuen Aufgaben ihres eigenen Erwachsenenwerdens zu stellen. Dass man im Alter ruhiger und zahmer wird, aber deswegen nicht minder qualitätsbewusst arbeitet, ist eine fast allgemeingültige Weisheit. So verwundert es nur kurzzeitig, dass AUDIOSLAVE auf „Out Of Exile“ mit Ausnahme des mit einem typischen Morello-Riff nach vorne preschenden Openers „Your Time Has Come“ kaum noch Grooveausbrüche der Marke „Cochise“ vom Stapel reißen. Stattdessen legen sie mehr Wert auf Harmonie, Lässigkeit und Emotion. Das Ergebnis weist Anflüge von versteckter Schüchternheit („Out Of Exile“), trauriger Nachdenlichkeit („Be Yourself“), legerer Lockerheit („Man Or Animal“) oder gefühlvoller Intensität („Dandelion“) auf, meist transportiert durch Cornells authentisch greifbaren Gesang, perfekt untermalt von Morellos innovativer Griffbrettarbeit, die von zärtlichen Licks über Powergrooves bis hin zu effektbeladenen Experimenten und spannenden Soli einmal mehr alles parat hält, was diesen Meister der sechs Saiten ausmacht.
Sicher wird diese Platte einigen aufgrund ihres sanfteren Grundtenors ein wenig schwerer reinlaufen. Sobald man aber nach einem anstrengenden Arbeitstag abgeschafft nach Hause kommt, seine Flasche Feierabendbier öffnet, sich den bequemen Liegestuhl auf die Terasse stellt, die Füße aufs Geländer legt, den Blick gen Himmel richtet, die Augen schließt und tief durchatmet, spätestens dann weiß man die Qualitäten der erwachsenen AUDIOSLAVE vollends zu schätzen.

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06.06.2005

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