In der Szene der rockigen Mittelalter-Musik gehört es mittlerweile zum guten Ton, bei einer neuen Veröffentlichung zu behaupten, man habe die ausgetretenen Pfade des Genres verlassen. Selbstverständlich haben sich auch ATTONITUS – die für ihr zweites Album „Opus II – Von Lug und Trug“ mit Black Bards Entertainment endlich ein Label gefunden haben – dieser Floskel bedient. Man darf also durchaus gespannt auf die Umsetzung dieser vollmundigen Versprechung sein.
Bereits das Intro „Introduktion“ hält in diesem Zusammenhang allerdings eine erste Enttäuschung bereit. Eine Ansprache im kirchlichen Predigtton ist nicht gerade der Beginn, der für erstaunte Blicke in der Szene sorgt. Es schließt sich mit „Von Lug und Trug“ sogar noch ein zweites Intro an. Dabei scheint es fast so, als habe sich die Band schlicht nicht auf eine Version festlegen können, denn insgesamt wirkt diese Dopplung leider unnötig und nervt diejenigen Hörer, die auf das eigentliche musikalische Material warten.
Aber auch dieses kann leider nicht mit sonderlich aufregenden Neuerungen aufwarten. Im Gegenteil scheint hier alles so zu sein, wie man es beim Lesen der Genrebezeichnung erwartet hätte. Die seichten, fast schon belanglosen Melodien werden hauptsächlich von den traditionellen Instrumenten wie Sackpfeife, Schalmei oder diversen Flöten getragen. Die Gitarren werden dabei zum reinen Rhythmus-Instrument degradiert, die mit Riffs für eine Portion Härte zu sorgen haben. Selbiges gilt auch für das Drumming, über das sich die Combo leider zu wenig Gedanken gemacht hat. Hauptsächlich im 4/4-Takt gehalten, hält es überhaupt keine Überraschungen bereit und verkommt so zu einem bloßen Taktgeber für die traditionellen Musiker.
Wenigstens das lyrische Konzept von ATTONITUS kann punkten. Das Thema ‚Verrat‘ zieht sich durch fast alle Kompositionen des Silberlings und wird textlich ansprechend verpackt. Aber auch das ziehen die acht Musiker aus Flensburg nicht durch. Es scheint fast, als wären ihnen die Ideen zum Thema ausgegangen, und so zieren sich die letzten drei Tracks mit den Standard-Themen Lebendigkeit, Alkohol und Tanz. Auch Sänger Vodric trägt mit seiner zeitweise knödeligen Stimme nicht gerade zur Rettung des Materials bei.
Im Gegensatz zu ihrer Ankündigung haben ATTONITUS es eben nicht geschafft, neue Wege zu gehen. Und genau das ist das Problem von „Opus II – Von Lug und Trug“: Zu oft bewegen sie sich in belanglosen, fast schon langweiligen Sphären. Insgesamt ist das musikalische Konzept dabei einfach zu sehr auf die mittelalterlichen Instrumente zugeschnitten. Dabei sind hier durchaus gute Handwerker am Werk. Sollten sie es in der Zukunft dann vielleicht doch noch einmal schaffen den Mut aufzubringen, sich abseits der Genre-Grenzen zu bewegen und den modernen Instrumenten ein wenig mehr Raum zu lassen, könnte das also glatt noch was werden. So ist das aber viel zu wenig.
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