Ich habe mich lange gefragt, ob ich das neue ATILA-Album „V“ überhaupt bewerten soll. ATILA spielen dunkle, elektronische Ambient-Musik, welche Soundtrack-Charakter trägt und sich ganz der unheilvollen und tristen Melancholie widmet. Soll heißen: „V“ bietet gute 40 Minuten voller maligner Klangwände, welche durch elektronische Beats und seltenen Gesang begleitet werden. Bewerten kann man folglich nur die Atmosphäre des Albums, und die ist derart grandios, dass „V“ im Gesamtpaket viel zu gut ist, um ohne Wertung stehen gelassen zu werden.
Bereits der Opener „Acreçao“ baut Stück für Stück Atmosphäre auf und schneidet eine Melodie an, welche im folgenden „Came“ furios entpackt und ausgebaut wird. So verhält es sich mit „V“ im Generellen: Alle Songs gehen nahtlos und stimmig ineinander über und machen „V“ so zu einem komplett im Zusammenhang stehenden Epos der dunklen Töne. Alle Songs bauen aufeinander auf und steigern das musikalische Grauen zunehmend. In Titeln wie „Disseminaçao“ bekommt „V“ zudem einen leichten Industrial-Touch, welcher als Auflockerung des Albums dient. Das Zusammenspiel von Industrial, Ambient und Dark Electronic gefällt über viele Durchgänge, da man als Hörer mit jeder Runde neue Akzente findet und so motiviert wird, sich das Album intensiv zu Gemüte zu führen.
Auf einen misslungenen Song möchte ich dennoch eingehen. „Homem“ beginnt mit einem intensiven und traurigen, elektronischen Part, welcher ab der Mitte des Titels von depressivem Gesang begleitet wird. Für dessen Umsetzung zeigt sich Gastsänger António Costa (ERMO) verantwortlich. Leider harmonieren Musik und Gesang überhaupt nicht miteinander, sodass diese Kombination, im Gegensatz zu anderen Songs, nicht überzeugen kann. Das ist glücklicherweise der einzige Fehltritt von ATILA. Der Rest des Albums wird ohne Gesang präsentiert und überzeugt durch seine tolle Atmosphäre, viele gute Melodien und den melancholischen Grundcharakter des Albums.
Für Metalpuristen dürfte „V“, beziehungsweise ATILA als Projekt, uninteressant sein. Leute, welche der elektronischen Sparte nicht abgeneigt sind, werden allerdings ihre Freude an diesem Album finden. Mit Kopfhörern im Dunklen kommt „V“ am besten und wenn man sich darauf einlässt, nimmt einen das Album mit auf eine dunkle Reise, auf die man sich gerne öfter begibt.
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