Hui, da wird man ja schwammig in der Rübe, wenn man sich das Intro des Openers „Blazava“ vom neuen Album „Desintegración“ der Band ATAVISMO anhört. Jetzt ist mir klar, warum die Rille als „Space Rock“ kategorisiert wurde, als man sie mir zuteilte.
Die eröffnenden Sounds auf der Platte sind wahrlich abgespacet und so stelle ich mir die Hintergrundmusik zu einer Szenerie vor, in der ein Schimpanse im Raumanzug durch den Orbit schwebt. Nach etwa anderthalb Minuten setzten die Instrumente ein und schaffen mit minimalistischem Gitarreneinsatz und einem ruhigen Bass eine unheilvolle Atmosphäre, durch die man sich gedanklich auf einem unwirtlichen Wüstenplaneten wiederfindet. Sehr faszinierend also, was ATAVISMO hier am Start haben. Nach knappen fünf Minuten dieser unheilvollen Dramatik startet ein schönes, akustisches Gitarrenriff, welches in ein gelungenes Gitarrensolo mündet. Drei Minuten später endet dieses Solo – ja, ATAVISMO scheinen einen Faible dafür zu haben, ihre Ideen in Überlänge auszubreiten. Nachdem die Band dieselben Riffs und Solos kurz darauf erneut auspackt, überkam mich dann doch ein Gefühl von „Langsam reicht es.“. Genau das ist auch das Problem von „Desintegración“. ATAVISMO haben zwar richtig gute, gelungene Arrangements in petto, reißen diese jedoch in völlig übertriebenen Längen ab. Was die Band mit „Blazava“ in elf Minuten erzählt hat, hätte man auch auf gute fünf Minuten packen können.
Das folgende Stück „Kraken“ weiß erneut zu überraschen. Nach dem instrumentalen Opener dachte ich, dass „Desintegración“ ein komplett instrumentales Album sei. Nachdem nach etwas über einer Minute der gewöhnungsbedürftige Klargesang einsetzte, wurde ich eines Besseren belehrt. Gewöhnungsbedürftig, da der Gesang komplett in Spanisch gehalten ist und sehr gefühlvoll agiert – was auf den ersten Lausch ungewöhnlich klingt. Hat man sich daran gewöhnt, erweist sich der Gesang jedoch als überaus passend. Leider ist auch „Kraken“ fast sieben Minuten lang, in denen es irgendwann den roten Faden verliert.
ATAVISMO machen gute Musik, keine Frage. Vor allem kann die Band mit ihrem ausgefallenen Mix aus psychedelischen Elementen, Prog und Post-Rock überzeugen. Im Endeffekt werden die guten Ideen jedoch so sehr ausgeschlachtet und in die Länge gezogen, dass „Desintegración“ – im wahrsten Sinne des Wortes – deutliche Längen aufweist. Nach mehreren Durchgängen klickt man die Songs als Hörer spätestens ab der Hälfte weg. Dennoch haben ATAVISMO hier ein tolles Werk abseits der Norm am Start, welches als Debüt vielleicht den Beginn einer großartigen Bandgeschichte einleitet.
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