At The Gates - To Drink From The Night Itself

Review

Knapp dreieinhalb Jahre nach ihrem Reunionalbum „At War With Reality“ sind die schwedischen Melodic-Death-Metaller AT THE GATES mit „To Drink From The Night Itself“ zurück. Eine Zeitspanne, die, gemessen an der langen inaktiven Phase, natürlich kurz erscheint, auch im Hinblick auf den Abgang von Gitarrist und Komponist Anders Björler. Die Schweden haben aus seinem Ersatz allerdings keine Wissenschaft gemacht, sondern mit ihrem alten Kumpel Jonas Stålhammar (THE LURKING FEAR, GOD MACABRE, BOMBS OF HADES, ex-THE CROWN) genau einen Gitarristen angetestet und direkt verhaftet. Da er nicht mit ins Songwriting involviert war, ist es natürlich müßig, darüber zu spekulieren, welchen Einfluß er auf den Sound gehabt hat. Fest steht: „To Drink From The Night Itself“ klingt nach AT THE GATES.

„To Drink From The Night Itself“ klingt nach AT THE GATES

Jetzt ist es natürlich so, dass sich das ungestüme Frühwerk doch recht stark unterscheidet vom immer wieder als Referenz herangezogenen „Slaughter Of The Soul“ (1995). Rein vom Cover und vom Titel her erinnert „To Drink From The Night Itself“ auch mehr an „With Fear I Kiss The Burning Darkness“. Musikalisch steht es jedoch eher in der Tradition des 1995er-Albums.

Der erste und zweite Eindruck von „To Drink From The Night Itself“ ist allerdings: Es ist langsamer. AT THE GATES haben bei einigen Songs das Tempo rausgenommen und sind hauptsächlich beim akkurat gerifften Titeltrack, „A Labyrinth Of Tombs“, dem schleifenden „The Chasm“, dem melancholisch-melodischen „In Nameless Sleep“ und „Seas Of Starvation“ flotter unterwegs. Übrigens sind das auch die Tracks, die am ehesten ins Ohr gehen.

Mit allen geliebten Trademarks, teils etwas sperrig

Ansonsten ist das Wort „sperrig“ etwas, das nachhaltig im Gedächtnis bleibt. Vielleicht ist es ja dem textlichen Hintergrund von „To Drink From The Night Itself“ geschuldet: Tompa Lindberg hat sich vom Buch „Die Ästhetik des Widerstands“ des deutsch-schwedischen Schriftstellers Peter Weiss inspirieren lassen, und das ist ein tausendseitiger Mammutroman über den Widerstand der Arbeiterbewegung gegen den Faschismus. Jedenfalls haben viele der Songs einen melancholischen und dissonanten Touch, was dann ja auch zum Thema paßt. Allein: Ich kann mir nicht vorstellen, daß es übermäßig viele der Songs ins Live-Set der Schweden schaffen. Einerseits.

Andererseits: Objektiv gesehen ist „To Drink From The Night Itself“ ein sehr gutes Album. Es hat einmal mehr tolle Songs, die schlüssig komponiert und arrangiert sind, und auch der eine oder andere Hit ist dabei. Und auch die ruhigeren Stücke, wie das abschließende „The Mirror Black“, haben ihre Vorzüge. Nur wirken diese Elemente in sich gekehrter, weniger offensiv. Dieses „seht her, wir beschreiten neue Wege, und das mit aller Gewalt“ fehlt. Das kann man abgeklärter, reifer oder weniger innovativ nennen. An letzterem mißt man AT THE GATES, und das ist vielleicht die größte Hypothek der Schweden. Aber, wie gesagt, verstecken muß sich „To Drink From The Night Itself“ gewiß nicht.

18.05.2018

- Dreaming in Red -

Exit mobile version