Astral Sleep - Astral Doom Musick

Review

Nein, es ist nicht das zweite Album von TIAMAT gemeint, ASTRAL SLEEP sind eine Doom-Band aus dem finnischen Tampere, die seit 2008 besteht und immerhin bereits zwei Alben veröffentlicht hat. Musikalisch zeigte sich das Quartett immer schon ein wenig anders, wandlungsfähig und künstlerisch durchaus anspruchsvoll. Für das neue Album „Astral Doom Musick“ äußert sich der Anspruch bereits an der Form des Releases, da die Platte trotz vermutlich kleiner Auflage als Vinyl samt selbst entwickeltem Brettspiel erscheint. Kann der Inhalt ebenso überzeugen wie die Verpackung?

ASTRAL SLEEP – Anspruchsvoll, eigenwillig, überambitioniert?

Die einleitenden Gitarren verweisen erst einmal auf die klassische Death Doom-Vergangenheit von ASTRAL SLEEP. Der dann einsetzende Gesang von Markus Heinonen ist aber eigentlich kaum in Worte zu fassen. Mal growlt er grummelnd vor sich hin, um kurz darauf in epische Gefilde à la Messiah Marcolin zu wechseln. So gut, wie gewöhnlich? Mitnichten. Denn plötzlich klingt der Fronter wie OZZY OSBOURNE in aktueller Verfassung, kurz darauf fast schon wie ein mittelalterlicher Barde. Wohlgemerkt, all das bereits in der ersten der vier überlangen Nummern. Trifft Heinonen dabei jeden Ton? Sicher nicht! Dennoch gewinnt die instrumental ohnehin bereits stimmige Mischung durch seine eigenwillige Intonierung noch einmal enorm an Spannung.

Nicht nur er, sondern die ganze Band scheint ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen, manchmal obskur, oft experimentell agierend, aber eben doch stets nachvollziehbar bleibend. Das gilt zumindest für die einfach nur fantastische A-Seite. Denn wer dachte, dass hier bereits ordentlich experimentiert wird, der unterschätzt ASTRAL SLEEP gewaltig. Leider nicht nur im positiven Sinn.

In „Schwerbelastungskörper“ scheinen die Finnen endgültig den Verstand verloren zu haben, denn hierbei handelt es sich – in weiten Teilen – um eine Funeral-Doom-Nummer mit deutschem Text. Das mag bei der Wahl des Themas grundsätzlich noch Sinn ergeben. Aber, warum einen Song in einer Sprache präsentieren, wenn man diese gar nicht beherrscht? Nicht nur, dass die Aussprache im Ohr eines Muttersprachlers einigermaßen furchtbar klingt, ist der Text an sich einfach nur holperig bis falsch. Beispiel gefällig?

„Inmitten Die Ruinen der Stadt / Ein schwarzes Relikt verrottet / Hier sind tausend Träume gestorben / Viele Geschichten leben noch / Im Schwerbelastungskörper“

Ja, der Ansatz, wenn man ein Thema deutscher Geschichte anspricht, auch diese Sprache zu verwenden ist nicht komplett abwegig. Dann sollte die Umsetzung aber auch entsprechend behutsam und professionell erfolgen. Wäre „Schwerbelastungskörper“ ansonsten ein musikalisches Meisterwerk – Schwamm drüber! Was aber eigentlich ein typischer und tatsächlich gar nicht verkehrter Funeral-Doom-Song hätte sein können, musste offenbar unbedingt durch einen musikalischen Bruch „aufgewertet“ werden. In diesem Fall mit einer kurzen Free-Jazz-Einlage, die wie ein Fremdkörper wirkt und eher für zwanghaften künstlerischen Anspruch zu Lasten schlüssiger Musik steht.

Das abschließende „Aurinko Ja Kuu“ kann zwar mit seinen stimmungsdienlichen finnischen Vocals punkten, ist aber ansonsten eher Arm an Highlights und kann das Niveau letztlich keinesfalls mehr der A-Seite annähern.

Großtat mit Hindernis – „Astral Doom Musick“

Würde hier nur die A-Seite bewertet werden, dann würden ASTRAL SLEEP mit „Astral Doom Musick“ irgendwo auf der Kippe zwischen acht und neun Punkten stehen. Hier werden gekonnt und völlig selbstverständlich alle Spielarten des Doom in nur zwei überlangen Songs miteinander verbunden und liefern quasi die totale Vollbedienung. Besonders Sänger Markus Heinonen kann – trotz oder gerade wegen seiner kauzigen Eigenwilligkeit – voll überzeugen.

Leider ist da aber auch noch die B-Seite. Die Band sagt selber, dass „Astral Doom Musick“ ihr definitives Werk ist. Bei einem derart hohen Anspruch an die eigene Kunst erscheint die reichlich naive Herangehensweise an Vocals aus einer unbekannten Sprache ziemlich unpassend. Aber auch ansonsten kann die zweite Hälfte aufgrund weniger spannender Riffs und Melodien und zum Teil auch obskurer Experimente nicht mehr mithalten und steht dadurch einer wahren Großtat im Wege. Schade!

06.06.2020

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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2 Kommentare zu Astral Sleep - Astral Doom Musick

  1. nili68 sagt:

    Klingt ziemlich geil. Der Cleangesang ist zwar nicht der Weisheit letzter Schluß, aber dennoch halte ich die Kritikpunkte im letzten Absatz für kompletten Unsinn und runde deshalb auf.

    8,5

    9/10
    1. nili68 sagt:

      Das war blöd formuliert, so als ob ich jetzt aus Trotz aufgerundet habe, was natürlich nicht so gemeint war. 😉