Zugegeben, es fällt nicht besonders leicht, den Sound von ASHENSPIRE tatsächlich in Worte zu fassen. Grob umrissen verbindet die Band aus Glasgow Elemente aus klassischem Black Metal mit Progressive Metal. Wer jetzt allerdings gleich an ENSLAVED denkt, der irrt jedoch gewaltig. Bei ASHENSPIRE reihen sich teils avantgardistische Songstrukturen nahtlos an trockenen Black Metal. Harschen Kreischgesang sucht man allerdings vergeblich. „Sänger“ und Drummer Alasdair Dunn (der auch bei TYRANNUS am Schlagzeug sitzt) übt sich hier nämlich in dem für Metal eher untypischem Sprechgesang (keine Angst, er rappt nicht). Ein Stil, den zuvor schon A FOREST OF STARS auf „Grave Mounds and Grave Mistakes“ geprägt haben.
ASHENSPIRE – Ein Genremix, der es in sich hat
Doch das ist noch längst nicht alles. Um den Genrecocktail abzurunden, haben ASHENSPIRE noch zahlreiche Gastmusiker für „Hostile Architecture“ eingeladen. Darunter Otrebor von BOTANIST am Dulcimer, Matt Saxx am Saxophon oder James Johnson an der Violine. ASHENSPIRE verstehen es gekonnt, diese für Metal eher ungewöhnlichen (aber längst nicht unbekannten) Instrumente mit hartem Riffing zu kombinieren. Auch wenn sie dies auf ihre ganz eigene und am Anfang noch ungewöhnlich klingende Weise machen. Wo wir beim Thema ungewöhnlich angekommen sind: Der schon erwähnte Sprechgesang ist mit sicherlich der große Knackpunkt, an dem sich viele Hörer am Anfang sicherlich stören werden. Dieser wird nicht auf einige kleine Textphrasen reduziert eingesetzt, um der Musik breiten Raum zu bieten. Vielmehr zieht Dunn diesen über mehrere Strophen hinweg durch. Das klingt am Anfang wirklich störend. Mit zunehmenden Verlauf der Songs steigert er sich aber so sehr in eine Sprechrage rein, dass man eigentlich doch anfängt, gebannt zuzuhören. Fast so, als hätte man eine emotionsgeladene Rede mit Metal und Violine etc. untermalt. Da sich auch die Instrumentenfront in einen Rausch spielt, entwickeln Songs wie „The Law Of Asbestos“ oder „Beton Brut“ ihre ganz eigen Sogwirkung.
„Hostile Architecture“ im wahrsten Sinne des Wortes
Was auf dem ersten Hörversuch erstmal nach unkontrolliertem Chaos oder gar musikalischer Willkür klingt, ist im Grunde ein Konzept, dass ASHENSPIRE schon auf ihrem Vorgängeralbum „Speak Not of the Laudanum Quandary“ entwickelt haben. Sie nutzen ihre Musik, um Elemente der modernen menschlichen Gesellschaft zu kritisieren. Der Vorgänger dreht sich dabei um die Auswirkungen des britischen Imperialismus, die auch heute noch weltweit zu spüren sind. Auf ihrem aktuellen Album „Hostile Architecture“ haben sich ASHENSPIRE von modernen architektonischen Strömungen wie dem Brutalismus, dem Postmodernismus und moderner Gebrauchsarchitektur. Für ASHENSPIRE spiegeln diese Strömungen wider, was alles in unserer modernen Gesellschaft nicht stimmt. Somit sind die sperrigen Songstrukturen als Reaktion auf diese Baustile zu verstehen. Wahre Größe erreichen ARCHSPIRE in dem leider viel zu kurzem „Tragic Heroin“, wo Dunn mal in den reinen Gesang wechselt. Das Stück könnte auch gut von ANATHEMA zu „Alternative 4“ und „Judgement“ Zeiten stammen. „Apathy As Arsenic, Lethargy As…“ klingt zudem, als hätten sich LEPROUS ihre eigene Version von ANATHEMA zu Eigen gemacht. Rundherum ist ASHENSPIRE abermals ein Album gelungen, dass vor allem auf spieltechnischer Seite überzeugen kann, mit dessen Stil man sich aber trotzdem anfreunden muss. Gerade durch den fast komplett durchgezogenen Sprechgesang kann das Album über seine gesamten 44 Minuten hinweg zehrend, ja sogar nervtötend wirken. Aber letztendlich ist es das, was die Künstler hiermit erreichen wollen. So erdrückend wie die moderne Städtearchitektur ist am Ende auch die Musik selbst.
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