Fünf Jahre hat eine neue Veröffentlichung der US-amerikanischen Death-Metal-Band ARSIS auf sich warten lassen – uns ist die Band sträflicherweise 2010 zum letzten Mal über den Plattenteller gerutscht. Nun lassen die Herren um James Malone ihre Fans wieder teilhaben an ihrerm nervösen, frickeligen Melodic Death, der auf die Klischees neumodischer Melodeath-Schonwaschgänge pfeift und bei dem die Band wieder diese kalte, angeschwärzte Härte zusammen mit den für die Band typischen zuckeligen Riffs salvenweise gen Hörer abfeuert. Dazwischen blitzen auch immer wieder elegische, ja fast leidvolle Melodiebögen auf, die eine erfrischende Tiefe in den Sound hinein bringen.
Sind ARSIS zu erwachsen für den eigenen Sound?
Die Markenzeichen sind also da – was stellen ARSIS aber damit an? Zunächst einmal bringt die Band wieder ihr sehr lebhaftes, technisches Spiel wirksam in einige Songs ein, was oftmals zu energetischen und rhythmisch effektiven Riffs führt. Beim Opener „Tricking The Gods“, der ominös und irgendwie unwirklich beginnt, ist diese Dynamik in den Gitarren besonders gut zu spüren, die dem Song zusätzliches Gewicht verleihen, ohne dabei schwer im Magen zu liegen. Im Gegenteil: Die rhythmische Arbeit hat fast schon eine rockige Leichtigkeit inne.
Am besten sind ARSIS aber immer dann, wenn sie ihre Songs so richtig „Shattering The Spell“-mäßig auf die Spitze treiben. Leider passiert das auf „Visitant“ zu selten, eigentlich kommt als schillerndes Beispiel nur „Easy Prey“ in den Sinn, das eine verdrehte Variation dieser berühmten Zirkusmelodie in die Riffs eingearbeitet bekommen hat. Doch ansonsten haben sich die US-Amerikaner mehr der düsteren Stimmung verschrieben, was in Teilen funktioniert und mit der Albumkonzeption zusammen passt, in Teilen aber eben auch nicht im Sinne der Schöpfer aufgeht. Sind ARSIS möglicherweise zu erwachsen für den eigenen Sound geworden?
„Visitant“ überzeugt technisch, aber geizt mit Abwechslung
„Unto The Knife“ sei dank seiner atmosphärischen Beschaffenheit als posivites Beispiel genannt. Nicht nur drücken die Rhythmusgitarren richtig nach vorne und verleihen dem Song den nötigen Zwang. Darüber hinaus funtionieren die Melodien hier einfach, da sie sehr großflächig aber nicht zu offenkundig eingestreut werden. Über den Rest des Albums hinweg ist es hingegen schwer, einzelne Songs heraus zu picken, da sich durch den Mangel an distinktiven Riffs und Rhythmusvariation ein gleichförmiger Klang bildet. Vereinzelte, fettere Grooves hier und da, wie in „As Deep As Your Flesh“, lockern das Gesamtbild immer wieder auf, doch ansonsten bleibt nicht genug hängen.
Damit ist „Visitant“ beileibe kein schlechtes Album. Es ist eben die gewohnte Kost, die man aus dem Hause ARSIS erwarten kann. James Malone bleibt am Mikrofon verlässlich, während seine Riffs natürlich wieder einen Hauch von seiner klassischen Musikausbildung mit auf den Weg bekommen haben. Wirklich aus dem eigenen Korsett brechen die US-Amerikaner aber auch nicht heraus. Auch wenn das durch klassischen Horror inspirierte Konzept des Albums interessant ist, ermüdet die Umsetzung auf lange Sicht dann doch etwas zu sehr.
Auch dieses Mal ist es James‘ Gesangsleistung, die mich davon abhält Visitant weniger hoch zu bewerten, als dieser instrumentalen Wundertüte eigentlich zustünde. Das im Review hervorgehobene, „Tricking the Gods“, ist hierfür das beste Beispiel. Songwriterisch von schierer Brillanz, ist der gepresste, ungemein angestrengte, nach Angina mandibularis schreiende Kackgesang, entschuldigt bitte, einfach nur nervig. Der Mann ist nun mal kein Jeff Walker. Engagierte man indes einen wirklich fähigen Fronter, könnte man hier locker zwei Punkte addieren.
Korrektur: höher zu bewerten. Nicht weniger hoch. Mann, Mann, Mann
6 Punkte find ich nicht gerechtfertigt.
Dass Arsis, aus dem eigenen Korsett nicht ausbrechen und „gewohnte Kost“ abliefern, wirkt als Vorwurf etwas unfair, trifft das doch auf ein Großteil aller Bands zu. Nach ein paar Alben darf man seinen Stil gefunden haben.
Mit den Arsis Referenzalben, United in regret und We are the Nightmare, kann sich Visitant nicht messen, ja da stimmt ich zu. Dennoch rangiert Visitant weit über dem Genredurchschnitt.
Minuspunkte gibt’s hier für die Vocals, dieses abgehackte ausspucken von Vokabeln passt nicht zu den Songs und nervt über die Dauer.