Ach, ARMORED SAINT! So wie ihr schafft es kaum wer, mich in ekstatische, dem Tanzen entfernt ähnelnde Zuckungen zu versetzen. Diese Power! Diese Klasse! „Win Hands Down!“
Zur Sicherheit kommt das Fazit deshalb inklusive Perspektivwechsel gleich zu Beginn: Der allzeit brodelnde Vulkan ARMORED SAINT bricht mit „Win Hands Down“ so faszinierend und mächtig aus wie seit „Symbol Of Salvation“ nicht mehr. Die neun Eruptionen schießen dir funkensprühend und machtvoll entgegen, sprudeln vor glühend heißen Ideen und werden bleibende, (er-)leuchtende Spuren hinterlassen. So ekstatisch hast du dich schon lange nicht mehr entflammen lassen.
Ähm.
Geht da gerade vielleicht das eine oder andere poetische Pferd im schiefen Trab mit dem Rezensenten durch? Festzuhalten ist auf jeden Fall in aller Ernsthaftigkeit: Keiner Band gelingt es aktuell so elegant wie ARMORED SAINT, klassischen Metal fernab aller Klischees, ohne Überzeichnung und jedwede Comic-Haftigkeit in derart inspirierter und versierter Form zu erschaffen. Die Songs von Joey Vera sind gleichermaßen catchy wie anspruchsvoll und abwechslungsreich und werden nachgerade majestätisch veredelt und mit Leben gefüllt durch die Fähigkeiten der in der Band versammelten Kämpen. Die Riffs, Licks, Leads und Soli von Jeff Duncan und Phil Sandoval bzw. deren jeweilige Interpretationen gereichen nicht nur dem früh verstorbenen Helden Dave Prichard zur Ehre, Gonzo treibt die Stücke gleichermaßen straight und kraftvoll wie raffiniert vom Schlagzeug aus an und John Bush… tja. John Bush klingt mehr denn je wie der bessere, weil weniger kreischende Bruce Dickinson. Also wie kaum zu glauben und mithin besser als auf allen ANTHRAX-Scheiben, auf denen er jemals im zweitbesten Kontext seine Stimme erheben durfte.
Was heißt das im einzelnen? Der Einstieg mit dem Titelsong ist bereits eine mächtige Ansage. „Win Hands Down“ bricht ansatzlos mit Trommelwirbel und kreischenden Gitarren wie ein wilder High-Octane-Stier aus den Boxen und entwickelt sich zu einer erstklassigen Hymne mit Ohrwurm-Refrain. Aber stellvertretend für den Großteil des restlichen Albums erlaubt sich das entfesselte Biest neben – bzw. teilweise auch bei – muskulös-gestrecktem Galopp die eine oder andere elegante Pirouette, wechselt kunstvoll die Richtung und nimmt auch mal das Tempo raus: Auf ein überraschendes, aber gelungen eingefügtes, fast jazziges Break folgen ein ruhiges Zwischenspiel und ein phänomenales Solo, bevor es final mit Wucht ins Ziel geht. Was das kompositorische Hakenschlagen angeht, hat man fast den Eindruck, Mastermind Veras parallele Tätigkeit bei FATES WARNING hätte hier etwas kanalisiert Spuren hinterlassen.
Das folgende „Mess“ regiert mit einem klassischen PRIEST-Riff im SAINT-Mantel und fesselt vor allem im Mittelteil mit seiner stampfenden Regentanz-Rhythmik und Bushs „Ugh“. „Muscle Memory“ ist ein sich etwas weniger stürmisch entfaltender, aber sehr intensiver siebenminütiger Spannungsbogen. „With A Full Head Of Steam“ bietet nicht nur ein Duett zwischen John Bush und Pearl Aday, sondern ist erneut eine Gaspedal-Hymne mit Gitarren-Solo-Krönung, wie sie im großen Buche des Metal flammend eingeschrieben steht. „Up Yours“ ist eine kompakte Attacke mit provozierend vorgerecktem, kompaktem Riffing.
Und den Rest seziere ich hier jetzt nicht mehr. Ich habe nämlich Besseres vor. Zum Beispiel nämlich in ekstatische, dem Tanzen entfernt ähnelnde Zuckungen zu verfallen. Zu ARMORED SAINT. Eigentlich unverantwortlich.
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