ARMORED DAWN legen es förmlich darauf an, an Viking Metal gemessen zu werden. Die Wikinger-Phrasen kommen in den Texten scharenweise daher, dass sich selbst AMON AMARTH mal kurz verdutzt durch die Bärte fahren müssen. Da kommen mehr Plattitüden, als gesund für den durchschnittlichen Metschlürfer sein dürfte. Doch das ist eine Mogelpackung, die Brasilianer sind in Sachen Metal recht konventionell und nah an Power Metal unterwegs. Wenn man hier überhaupt Viking Metal heraushören möchte, dann ein solcher in Form einer stark einreduzierten Version von TÝR, die phasenweise mit AMORPHIS kokettiert („Drowning“).
Brasilianische Wikinger ohne Biss?
Wonach das viel zu gut für den Inhalt betitelte „Viking Zombie“ definitiv nicht klingt, sind leidenschaftliche Metal-Wikinger: Zu wenig kriegsgeschundene Seele, um im Umfeld von HELHEIM zu landen; zu wenig pathetischer Melodeath-Cheese, um AMON AMARTH zu imitieren. Cheese bieten die Brasilianer natürlich schon, der ist aber eher von der billigeren Power-Metal-Sorte und webt moderne Synthesizer neben ebenso zeitgemäßen Bratgitarren in Songs ein, die zwar über potente Hooks verfügen, um diese herum jedoch langweiliges Standard-Getucker enthalten.
Die Gitarren pumpen ordentlich, doch der Gesang weist vor allem in den Strophenparts eine seltsam gezwungene Intonation zwischen Pasi Koskinen und Heri Joensen auf. Lediglich die Hooks brechen dies auf. Der Refrain von „Face To Face“ zum Beispiel ist ziemlich gut. Der Song enthält auch einen stimmungsvoll in Szene gesetzten Solo-Part. Beim Refrain und der Bridge von „Heads Are Rolling“ bekommt der Sound deutlich mehr Druck verliehen und lässt erahnen, was ARMORED DAWN mit ihrer musikalischen Duftmarke bewirken könnten, wenn nur jeder Track so befreit fetzen würde.
AMORED DAWN bringen Zuckerbrot ohne Peitsche
Schade, dass hier neben dem musikalischen Tunnelblick der Band auch die viel zu runde, auf Pump modernisierte Produktion jegliche Kanten glatt bügelt. Gerade der aggressive Rausschmeißer mit den markigen Shouts hätte mehr durch einen roheren Klang profitieren können. Und generell hätte der Sound weniger Synthesizer und mehr Riffs fernab des üblichen Light-Power-Getuckers gebrauchen können. Doch so friedfertig sollten Wikinger, ob nun „echter“ Viking Metal oder nicht, eigentlich nicht klingen. Dabei ist etwas Schunkeln ja erlaubt, siehe AMON AMARTH.
Bei diesen Songs gehen jedoch weder Methörner hoch, noch möchte man zu den Waffen greifen – es sei denn man ringt um die Kontrolle der Anlage in der Hoffnung, etwas Spannenderes auflegen zu können. Und der Sänger sieht aus wie Neal Morse, wenn der mal für ein halbes Jahr oder so den Gottesdienst geschwänzt hat. Naja, kann er wahrscheinlich nicht viel dazu, aber es passt zu diesem Album: Bis auf die Hooks, in denen ARMORED DAWN beherzter zubeißen, scheint die Band erpicht, möglichst nirgends anzuecken. Der „Viking Zombie“ bleibt also eher friedlich im Humus liegen.
Nach Eroberung klingt das hier jedenfalls nicht. Die Brasilianer verschwenden diesen großartigen Albumtitel an weitestgehend langweilige Metal-Stangenware…
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