Arcturus - Sideshow Symphonies
Review
Auch wenn „The Sham Mirrors“ nun auch schon wieder drei Jahre her ist, kommt mir die Zeit seit dessen Release doch relativ kurz vor. Vor allem wenn man die sechs Jahre Funkstille davor in Betracht zieht, die nach „La Masquerade Infernale“ verstreichen mussten. Wie dem auch sei, ARCTURUS sind zurück. Aber waren sie denn zwischenzeitlich jemals weg? In den vergangenen Jahren hat sich aus dem ehemals geheimnisvollen Allstar-Projekt eine richtige Band entwickelt. Eine Band zwar, die sich noch immer durch ihre Extravaganz auszeichnet, deren Gebaren sich nun jedoch deutlich an die üblichen Standards angenähert hat. Oder wer hätte vor ein paar Jahren daran geglaubt, dass bei ARCTURUS so etwas wie ein Veröffentlichungszyklus oder gar eine richtige Tour Wahrheit werden könnte?
Nun legen die Paradiesvögel also ihr neues Werk vor und schon bald wird klar, dass diese Anpassungen nur oberflächlicher Natur sind. „Our enterprise a success as return is no option“ – wie es bereits in “Kinetic” hieß, so führt der Weg keinesfalls zurück, sondern stets weiter. Ein Großteil der Entwicklung ist dem Gesang zuzuordnen, der eindeutig die ohrenscheinlichste Veränderung im Sound der Norweger darstellt. Die Aufgabe, den Ausstieg des Artist Formlerly Known As Garm zu kompensieren, konnte nur eine Lösung kennen: Simen Hestnaes, dessen Talent bei DIMMU BORGIR so eklatant ignoriert und vergeudet wird. Kaum ein anderer dürfte die Wärme und das Timbre, das die Stimme des Tricksters auszeichnet, derart hochwertig aufwiegen. Der Grundton des Albums ist im Vergleich zu „The Sham Mirrors“ bedächtiger und nachdenklicher. Die ausufernden Klangkaskaden und die zügellosen Läufe, die Songs wie „Kinetic“, „Star-Crossed“ oder „Radical Cut“ vom Vorgänger auszeichneten, sind träumerischen, schwelgerischen aber dennoch eigentümlich heroischen Momenten gewichen, die sich lange nicht mehr mit einer so vordergründigen Eingängigkeit brüsten wie noch die Kompositionen des Vorgängers. Weite Keyboardteppiche bereiten die Szenerie und nehmen ihren Platz im Sound doch weitaus unauffälliger ein als in der Vergangenheit. Die poppigen, keyboardgetragenen Melodien sind zwar nicht gänzlich Vergangenheit, üben sich jedoch verstärkt in Zurückhaltung. „Sideshow Symphonies“ verlangt wieder mehr Aufmerksamkeit, da sich – wie der Titel suggeriert – viel nebenbei und im Detail abspielt. Als mein erster Favorit hat sich das majestätische „Evacuation Code Deciphered“ herausgestellt, das mit seiner doomigen Theatralik auch aus dem „Phantom der Oper“ stammen könnte und gegen Ende mit einem (leider recht kurzen) Duett mit einer weiblichen Stimme überrascht. Überhaupt gleicht jeder Song einer Reise durch verschiedene Stimmungen, die von (selten) aggressiv bis (häufig) visionär-sinfonisch reichen. Besonders das träumerische „Hufsa“ ist hier ein gutes Beispiel, das mit zaghaften, fast folkloristischen Vocals beginnt, sich dann in sphärischen Soli verliert und schlussendlich als düsteres Prog-Instrumental endet. Auch wenn weiterhin harsche Parts zu vernehmen sind, machen doch eindeutig die leiseren Töne die Musik. „Sideshow Symphonies“ wirkt gewissermaßen wie das ergänzende Gegenstück zu „The Sham Mirrors“. Wer beide Alben nacheinander hört, wird merken, was ich meine. Für Fans ist „Sideshow Symphonies“ ohnehin ein Pflichtkauf. Allen anderen sei das Album in Kombination mit seinem Vorgänger als Ganzes empfohlen.
Arcturus - Sideshow Symphonies
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Progressive Rock/Metal |
Anzahl Songs | 9 |
Spieldauer | 50:31 |
Release | 2005-10-03 |
Label | Season Of Mist |