Arcturus - Arcturian

Review

Galerie mit 7 Bildern: Arcturus - Under The Black Sun 2018

New album in 2013 then? -You bet!
ARCTURUS auf Facebook, 3. Januar 2013

Tja, da haben sie uns aber gelinkt. ICS Vortex‘ Soloeinstand „Storm Seeker“ kam im August 2011 auf den Markt, BORKNAGARs „Urd“ folgte ein halbes Jahr später. Für neuen Output der wiedervereinigten ARCTURUS schien das Jahr 2013 also gewissermaßen prädestiniert. Doch die norwegische Kult-Truppe beschränkte sich in der Folge bloß auf einige vereinzelte Konzerte, ehe man in 2014 abermals vollständig von der Bildfläche verschwand. Für enttäuschte Fans stand die Zukunft der Band zwischenzeitlich wohl wieder in den benachbarten Sternen des Bärenhüter-Sternbilds. Jedenfalls, bis im Februar 2015 „Arcturian“ im Zuge der Vertragsunterzeichnung bei Prophecy Productions angekündigt wurde.

Satte zehn Jahre nach dem Erscheinen der „Sideshow Symphonies“ liegt „Arcturian“ dann tatsächlich vor. Und macht mit dem vorab ausgekoppelten „The Arcturian Sign“ von vornherein klar, dass ARCTURUS eben auch in musikalischer Hinsicht im Jahr 2015 angekommen sind. Nach kurzem Überdosis-Elektro-Intro, das unbelehrbare Fans früher schwarzmetallischer Tage kreischend das Weite suchen lassen dürfte, betritt das Ensemble einmal mehr die Theaterbühne. Bandboss Steinar „Sverd“ Johnsen hat innerhalb seiner polygamen Beziehung mit elektronischen Synthieklängen und Retorten-Streicherbombast offenbar eine angemessene Balance gefunden, wohingegen Gitarrist Knut Magne Valle nach dem Ausstieg seines Sechssaiterkollegens Tore Moren gar nicht erst versucht, allzu tief in die Overdub-Kiste zu greifen. Drum-Visionär Hellhammer (MAYHEM u.a.) pendelt derweil wieder innerhalb seines eigenwilligen, aber stets durchkalkulierten E-Drum-/Akustikset-Konglomerats, das jedoch nicht immer den von „The Sham Mirrors“ gewohnten Perfektionismus aufweist. Zumindest „The Arcturian Sign“ klingt zunächst noch etwas nach Programmierfehler im Triggermodul.

ICS Vortex (BORKNAGAR, ex-DIMMU BORGIR) hat sich derweil endgültig vom Erbe der eigenwilligen Stimmgewalt seines Ziehpapas Kristoffer „Garm“ Rygg (ULVER) gelöst. In Songs wie „Pale“ beweist er zwar noch immer seinen beeindruckenden Tonumfang, versucht sich aber gar nicht erst an krampfhaften Garm-Ausnahmeleistungen à la „Nightmare Heaven“, das mit Vortex am Mikro gerne zur Peinlichkeit vergangener Live-Sets avancierte. Nein, viel lieber gibt sich der Zwei-Meter-Mann auch mal poppigen Gesangslinien hin („Crashland“, „Warp“) und umspielt die progressiven Instrumentalleistungen mit eigenen Melodiebögen – und das fruchtet. Um den auf neueren BORKNAGAR- und Soloalben teils gefährlich hohen Kitschfaktor möglichst gering zu halten, geschieht all dies natürlich im Wechselspiel mit einigen beherzten Grunzern und Screams. Ein gewisser Grad der Talentverschwendung lässt sich hier zwar noch immer attestierten, doch wenigstens werden diesmal keine ganzen Stücke zerschossen, wie beispielsweise im Falle von „Hibernation Sickness Complete“ vom Vorgänger. Wenngleich der Einsatz massiver Gesangsverzerrer auf „Pale“ vermutlich derselben kuriosen Produzenten-Wundertüte wie besagter Schlagzeugsound entstammt. Aber immer dran denken: Meckern über ARCTURUS = Meckern auf allerhöchstem Niveau.

Musikalisch deckt „Arcturian“ ein breiteres Spektrum denn je ab. Nach wie vor wird die Dynamik vom donnernden Doublebass-Spiel Hellhammers geprägt, doch von frühen Black-Metal-Einflüssen fehlt hier jede Spur. Vielmehr gelingt es Sverd, das präzise Geknüppel mit seinen Choral- und Streicherschichten zu einem Grundsound zu verweben, der ARCTURUS längst eine unfassbare Eigenständigkeit beschert hat. Wie sich diese Mischung nun aber im Gesamt-Klangbild entfaltet, hängt auch immer ein wenig vom Mann am Mikro ab. So entpuppt sich „Angst“, das wohl pompöseste Stück der Platte, als vertonter Paranoia-Ritt, während sich der Tastenfrickler im angesprochenen „Crashland“ auch mal mit poppiger, aber nicht minder akzentuierter Begleitarbeit zufrieden geben kann. Hey NIGHTWISH, bitte hinhören, hier kann sich Herr Holopainen noch manche Scheibe abschneiden.

Das blackige Schrammelriffing eines „Aspera Hiems Symfonia“ oder die freie Gitarrenarbeit der „Sideshow Symphonies“ sucht man auf „Arcturian“ jedoch vergeblich. Vom rifflastigen „Game Over“ mal abgesehen, hält sich Knut Magne Valle für ARCTURUS-Verhältnisse recht häufig hinter den Keyboard-Schichten versteckt und wagt den Ausbruch meist nur in Form von phasergeladenen Leads oder zu kurz geratenen Soli („Warp“). Möglicherweise begründet sich hierin auch, dass einigen wenigen Songs trotz liebevoller Arrangements eine gewisse Skizzenhaftigkeit nicht abzusprechen ist. Dafür hat sich „Møllarn“ dann im 25. Bandjahr auch mal ein trues Pseudonym zugelegt – und uns einmal mehr eine beeindruckende Produktion beschert.

Was für einen Aufwand es nämlich bedeutet, den komplexen Soundkosmos ARCTURUS‘ auf Platte zu bannen, beweist beispielsweise das vollelektronische „Demon“. Sverd lässt der gelayerten Synthieliebe freien Lauf, Hellhammers Bassdrum-Sound kratzt bedenklich an einer Eurodance-Clubsound-Mixtur, Vortex kontert mit der poppigsten Melodie der gesamten Platte und der verdammte Breakbeat regiert. Eieiei, ist das geil! „The Journey“ legt dann in Sachen Wobble-Bässen abermals nach, erstmals gesellt sich eine Akustikgitarre hinzu und alles mündet in maximalem psychedelischem Geschwurbel. Für all jene, denen das alles nach zu viel Neuerfindung klingt, haben ARCTURUS dann aber noch ein kurzes Abschlussstatement dagelassen, das manchem Fan des 1997er Zweitwerks „La Masquerade Infernale“ ein Tränchen in die Augen treiben dürfte: Das abschließende „Bane“ ist eine einzige große Reminiszenz an das für zahlreiche Die-Hard-Fans bis heute unangefochtene Opus Magnum der Norweger. Die charakteristische Theatralik der 18 Jahre alten Scheibe vermischt sich mit den oben angesprochenen Elementen und schließt somit den Kreis von ICS Vortex‘ legendärem ersten Gastauftritt („The Chaos Path“) bis ins Jetzt.

Zeitgemäße Reinkarnation, ohne seine Wurzeln zu vergessen – so und nicht anders.

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16.05.2015

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1 Kommentar zu Arcturus - Arcturian

  1. Marco sagt:

    Bedurfte einiger Durchläufe, hat dann jedoch voll eingeschlagen. Sehr innovatives Werk!

    9/10