ARCKANUM haben in den letzten Jahren etwas unter einer plötzlichen Überproduktivität gelitten. Denn im Metal, diesem extrem konservativem Genre, gilt die alte Regel – „willst du gelten, mach‘ dich selten“. Alle drei seit 2010 erschienen Alben, „Sviga læ“ (2010), „Helvítismyrkr“ (2011) und auch „Fenris kindir“ (2013) wurden (nicht nur aber auch) bei metal.de mit durchschnittlichen Bewertungen beurteilt. Heuer unternimmt Mastermind Shamaatae einen erneuten Anlauf, aus dem Mittelmaß herauszukommen.
Ein langer, steiniger Weg in den archaischen Götzentempel von ARCKANUM
Und wahrlich – „Den Förstfödde“ beginnt sperrig. Der überlange Titeltrack besitzt, trotz der Spielzeit von über neun Minuten, mehr einen Introcharakter. Dabei entfernen ARCKANUM sich deutlich von der theatralischen Ästhetik der Zwischenspiele des Black Metals. Dennoch wird weit, weit ausgeholt. Andeutungen, auf das was kommen mag. Andeutungen auf das, was hinter dem Schleier der Vernunft und Aufklärung verborgen liegt.
Nach weiteren vier Minuten dröhender Rückkoppelung in „Nedom etterböljorna“ stehe ich ungeduldig dar und fühle mich etwas wie der betrunkene Typ auf dem Konzert, der voller Enthusiasmus „Shut up and play!“ in den Raum gröhlt. Und tatsächlich, ARCKANUM eröffnen endlich die Black-Metal-lastige Seite von „Den Förstfödde“. Der Funke springt über. Da ist er wieder, dieser Hauch des archaischen Urchaos, die hässlichste Fratze der absonderlichen kosmischen Naturverehrung. Wenn der Stein einmal ins Rollen kommt, sind ARCKANUM kaum aufzuhalten und Shamaatae überhäuft den Hörer mit kosmischen Ungeheuerlichkeiten. „Den Förstfödde“ ist alles andere als Easy-Listening, man muss sich durch diesen Dschungel der schwedischen Pampa durchfräsen, um mit der eigenen Ästhetik von ARCKANUM belohnt zu werden.
Mit Schirm, Charme und anti-kosmischer Schwarzmagie
Dabei gewähren ARCKANUM dem Hörer durchaus Überraschungsmomente. Ein ausladend nettes Gitarrensolo in „Ofjättrad“ sei an dieser Stelle genannt. „Låt fjalarr gala“ ist daneben sehr groovig, eingängig und mit interessanten Samples bestückt. Die Stärken von ARCKANUM werden hier voll ausgespielt – sehr harscher Black Metal trifft auf groove-orientiertes Songwriting. Gleiches gilt für das DARKTHRONE-hafte „Du grymme smed“ mit treibenden Off-Beats. Der Charme von ARCKANUM ist rein und primitiv.
„Kittelns beska“, der Abschluss des Albums, ebenfalls mit einer Überlänge von über neun Minuten, ist der am stärksten am klassischen skandinavischen Black Metal angelegte Track des Albums. Mit schnellem Riffing, welches (zunächst) nicht so sehr mit dem typischen ARCKANUM-Groove verbunden ist, marschiert Shamaatae unbeirrt klar und in hoher Geschwindigkeit nach vorne. Das gerade die beiden am einfachsten zugänglichen Stücke am Ende des Albums stehen, ist nicht Zufall oder Versehen, sondern Teil der Konzeption. Folk-Elemente zur Auflockerung? Klargesang für eine harmonische Note? Fehlanzeige! Nur der beständige, ausdauernde Hörer wird belohnt. Mit einem sehr noisigen Outro, bar jeder Schönheit, schmeißen ARCKANUM den Hörer ebenso unsanft aus „Den Förstfödde“ heraus, wie sie ihn eingeführt werden.
…das vielleicht schwierigste Album des Jahres…
„Den Förstfödde“ ist noch sperriger und unzugänglicher, als man dies hätte erwarten können. Das Album ist ein langer Gang und ein Kampf, um zum Kern vorzudringen. Brocken von leicht zugänglicher Rockmusik wirft Shamaatae dem ausgehungerten Rudel nur in geringen Portionen vor. Diese sind dann allerdings echte Leckerbissen. Nicht alle Hörer werden diese Geduld haben, in Zeiten, in denen der Markt von Zugänglichkeit und Fliegengewichten dominiert wird.
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