Aosoth - V: The Inside Scriptures

Review

Ganze vier Jahre sind vergangen, seitdem AOSOTH mit ihrem, Achtung, fünften Album „IV: An Arrow In Heart“ die Herzen der orthodoxen Black-Metal-Gemeinde höher schlagen ließen. (Die instrumentale Version des dritten Albums „III – Violence & Variations“, „Variations Of Violence“, ist nicht durchnummeriert, wird aber im Netz häufig als eigenständiges Album gewertet, daher die Nummern-Verwirrung.) Einige Splits, eine EP sowie eine Compilation der „IV-Appendixes“ später liegt nun „V: The Inside Scriptures“ vor.

Darauf geben sich AOSOTH so, wie man sie kennt, sie klingen uneingeschränkt nach der Art von Black Metal, für die man AOSOTH eben kennt und mag – und doch haben die Franzosen unter den Bandköpfen MkM und BST ein Stück weit an ihrem Stil geschraubt. Damit entwickeln sich sich in Form von „V: The Inside Scriptures“ nicht nur weiter, nein, sie legen auch das Album des Jahres hin was die orthodoxe Seite des Black-Metal-Genres angeht.

AOSOTH zeigen sich, wie man sie kennt – oder?

So klingt bereits das Eröffnungsriff des Openers „A Heart To Judge“ gleich ungewöhnlich melodisch für die Franzosen, von denen man ja eigentlich eher Disharmonien und Dissonanzen bis zum Abwinken gewohnt ist, ganz nach Art ihrer Landsleute DEATHSPELL OMEGA seit deren drittem Album „Si Monvmentvm Reqvires, Circvmspice“, wenngleich strukturell nicht halb so abgedreht und unzugänglich. Es ist auf jeden Fall abgedreht und gewissermaßen eine Ansage, dass AOSOTH so in ihr Album einsteigen.

Der kurze, melodische Ausflug ist jedoch schnell vorbei, er steigert die Dramatik und führt dann bald über in das, was man von AOSOTH kennt: in disharmonischen, dissonanten Orthodox Black Metal at its best. Die Franzosen geben sich keine Blöße und zerlegen jegliche Gedanken an zu viel Schönheit auf der Welt, es geht hier schließlich um orthodoxen Satanismus, um Tod und um Finsternis – nicht um Bäume und zugefrorene Wälder. Dabei entwickeln sie jene unheimliche Dynamik, die bereits mindestens die letzten beiden AOSOTH-Alben unwiderstehlich gemacht hat, auch „V: The Inside Scriptures“ zeigt diesen Sog, der aus der Tatsache entsteht, dass die Pariser ihren kontrollierten Wahnsinn nie entgleisen lassen, sondern immer genau im richtigen Moment die Handbremse anziehen und die Musik wieder in geordnete Bahnen leiten.

„V: The Inside Scriptures“ überrascht gegen Ende

Die große Überraschung des Albums findet sich dann schließlich im abschließenden Doppelpack aus „Contaminating All Tongues“ und „Silver Dagger And The Breathless Smile“. Hat der vierte Track des Albums noch das Spiel mit der Dissonanz auf die Spitze getrieben, quasi sieben Minuten am Stück durchgerödelt, drosseln AOSOTH hier nicht nur das Tempo, sondern gehen auch zurück zum melodischen Einstieg in „V: The Inside Scriptures“. „Contaminating All Tongues“ breitet sich als schleppender Midtempo-Groove-Stampfer aus, steigert die epische Dramatik ins fast Unermessliche und startet erst nach knapp der Hälfte der achteinhalb-minütigen Komposition voll durch – allerdings auch hier mit ungewohnt unvertracktem Riffing, mit Figuren, die beinahe an klassisch-nordischen Black Metal erinnern. Der Rausschmeißer „Silver Dagger And The Breathless Smile“ greift dann beide Seiten der 2017er-AOSOTH auf und vereint die nur scheinbar und auf dem Papier gegensätzliche Mixtur aus Harmonie und Disharmonie, aus Melodie und Dissonanz zu einem atemberaubendem Abschluss für ein atemberaubendes Album.

2017 ist doch ein starkes Black-Metal-Jahr

Wo sich die Isländer AUÐN mit ihrem nur eine Woche zuvor veröffentlichten neuen Album „Farvegir Fyrndar“ den Titel „Melodisches Black-Metal-Album des Jahres“ sichern und wo die polnischen AOSOTH-Labelmates BLAZE OF PERDITION vor kurzem denselben Titel für die moderne Finsternis beanspruchten, da sichern sich die Franzosen zum Jahresende ganz elegant den Thron für das Orthodox-Black-Metal-Album 2017. „V: The Inside Scriptures“ ist ein grandioses Werk, das von besagtem Kontrast aus Melodie und bewusster Dekonstruktion ebenjener lebt, dabei aber nie nur verkopft klingt, sondern die Hörbarkeit stets im Hinterkopf behält. AOSOTH legen das bisher beste Album ihrer Karriere hin und zementieren den Eindruck: Das Jahr 2017 ist gegen Ende doch noch ein starkes Black-Metal-Jahr geworden.

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09.11.2017

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