Wenn mir eine Band aus dem Progressive Power Metal begegnet, frage ich mich immer, ob diese Genre-Vermischung für den Hörer sinnvoll ist. Sicherlich macht man es auf diese Art und Weise den Anhängern des klassischen Metal einfacher, Zugang zu den progressiven Bereichen zu erhalten. Aber ist das überhaupt deren Intension? Und wie sieht es im Lager der Progressives aus, die über Power Metal wohl eher die Nase rümpfen? Progressive Power Metal ist und bleibt ein zweischneidiges Schwert – ein metallischer Kompromiss sozusagen. Trotzdem gibt es viele Bands, die dieser Spielart fröhnen. Eine sind die Dänen ANUBIS GATE, die mit „The Detached“ ihr viertes Album veröffentlichen.
Auch auf diesem Werk kann man ANUBIS GATE nicht wirklich eindeutig einem der Genres zuordnen. Wir haben einerseits die kraftvolle und straighte, sowie auch melodiebetonte Marschrichtung des Power Metal und andererseits die wechselnden Intensitäten und vielfältigen Stimmungen des Progressive Metal. Das allerdings gekonnt miteinander vereint. Die Dänen verstehen es, ihre Kompositionen mit einer herausstechenden Hookline zu versehen, der man auch nach einem Break noch folgen kann. Sie lassen einer Atmosphäre Raum sich zu entwickeln, bevor ein Wechsel angesetzt wird. Es gibt Melodien, die sich schnell im Gehör breitmachen. Dennoch erwartet uns auf „The Detached“ kein sogenanntes Easy-Listening. Die Songs sind trotzdem vielschichtig und mit komplexen Strukturen versehen und beinhalten Stimmungsschwankungen, Tempi- und Rhythmuswechsel. Es ist der beschriebene Kompromiss, der Eingängigkeit und technischen Anspruch miteinander verbinden will.
Auf jeden Fall kann man ANUBIS GATE auf der Seite einordenen, der diese Verbindung gelingt. Zum Teil fühle ich mich an Bands wie PYRAMAZE oder EVERGREY erinnert, bzw. an einer Schnittstelle derselben. Dabei kopieren ANUBIS GATE aber nicht, sondern bringen ihre eigenen Ideen in die Kompositionen ein. Auch wenn das Artwork heuer nicht mehr so ägyptisch anmutet wie noch bei den ersten Alben, erwarten uns immer wieder diese orientalischen Einsprenksel, die auch einfach zum Stil der Band dazugehören. Diese spiegeln zum Teil auch das Konzept des Werkes wider, das auf einer Zeitreise-Geschichte des dänischen Autors Martin Rauff beruht.
Sowohl in Sachen Songwriting wie auch bei der technischen Umsetzung beweisen ANUBIS GATE Professionalität. Dabei ist es nicht einfach, Songs hervorzuheben, da sich durchweg alles auf einem gleichbleibend überdurchschnittlichen Level abspielt. Meine Favoriten sind nach mehreren Hördurchgängen „Yiri“, „Bloodoath“ und ganz besonders das ungeheuer vielschichtige „Pyramids“.
„The Detached“ ist eines dieser Werke, für die sich in der Tat Power- und Progressive-Fans gleichermaßen begeistern könnten. Ungeachtet dessen, ob die Genre-Mischung nun ein fauler oder sinnvoller Kompromiss ist: mir gefällt „The Detached“. ANUBIS GATE haben sich gegenüber den Vorgängeralben nochmal verbessert.
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