ANTHRAX kehren mit ihrem neuen Album „For All Kings“ zurück, um musikalisch an „We’ve Come For You All“ und „Worship Music“ anzuknüpfen, was beim Cover losgeht, in dem die mittlerweile zum Cover-Markenzeichen gewordene (zombifizierte?) Masse die zu Königen idolisierte Band einer religiösen Kongregation nicht ganz unähnlich anzubeten scheint. Man strotzt vor Selbstbewusstsein und bewahrt sich eine gewisse Konsistenz, auch im Bezug auf die musikalische Ausrichtung; mit anderen Worten wird wohl auch der Sound der neuen Platte für Diskussionen sorgen. Es regieren nackenbrechende Grooves, die im Midtempo am stärksten sind. Dazu gibt es immer wieder Reminiszenzen an die Vergangenheit der Band, man darf sich hier und da natürlich an Klassiker wie „Persistence Of Time“ erinnert fühlen, etwa beim Titeltrack oder bei „Evil Twin“. Doch sonst ist „For All Kings“ in seiner Essenz eine konsequente Fortführung der modernen ANTHRAX-Spielweise.
Unabhängig davon, ob einem die jüngere Entwicklung der Band jetzt generell zusagt oder nicht, eines lässt sich auf „For All Kings“ nicht bestreiten: ANTHRAX haben mal wieder einige richtig geile Songs auf die Beine gestellt. Allein schon wie beim Intro „Impaled“ die eröffnenden Chords des folgenden „You Gotta Believe“ in Begleitung einer tobenden Masse aus der Distanz anmarschiert kommen, um dann in besagten Folgetrack überzuleiten, der sich dann auch noch als so ein herrlich schön wuseliger Thrash-Klopper der alten Schule entpuppt, ist schon eine Klasse für sich. Joey Belladonna macht mit seinem kräftigen Gesang wieder mal eine hervorragende Figur – der Mann scheint in der Form seines Lebens zu sein. Zieht euch nur mal „Monster At The End“, „Breathing Lightning“ oder „Suzerain“ rein. Auch der neue Gitarrist Jonathan Donais (SHADOWS FALL), der für den ausgestiegenen Rob Caggiano (VOLBEAT) gekommen ist, weiß auf „For All Kings“ zu überzeugen.
Am wichtigsten ist jedoch, dass das Songwriting wieder richtig gut geworden ist und für die eine oder andere Überraschung zu sorgen vermag, nehmt nur mal „Blood Eagle Wings“: Der Track beginnt als langsamer Stampfer mit einem Killerrefrain. Doch zur Mitte hin nimmt der Song dann richtig Fahrt auf, was in einem epischen Solo zum Niederknien gipfelt, das ich so nicht von ANTHRAX erwartet hätte – definitiv das ungewöhnliche Highlight von „For All Kings“. Sollte man einfach mal gehört haben.
Auch sonst stimmt alles im Hause ANTHRAX: Die Produktion ist druckvoll, klar strukturiert und nicht zu sauber und die Spielweise nicht zu straff, es bleibt immer genug Luft, um ordentlich rockende Grooves entstehen zu lassen. Die Songtexte verfügen auch wieder über den gewohnten Biss und schrecken nicht vor Zynismen zurück. Scott Ian gibt zu Protokoll, dass er sich nach der Geburt seines Sohnes Revel im Jahre 2011 wieder am Schreiben der Texte beteiligt habe, und kommentiert:
„That’s how I view the world now. You bring a child into the picture, and it makes everything so much scarier. […] I don’t write happy lyrics, but to have a child in this world and then tell me that I shouldn’t be angry?„
Ein einschlägiges Statement zu einem Album, das vielleicht nicht unbedingt die Wogen glätten wird (wäre ja irgendwie auch langweilig), aber dennoch eine hervorragende Leistung einer der wichtigeren Metalbands dieser Zeit darstellt – immerhin eine der „Big Four“. „Dankbarerweise“, könnte man noch hinzufügen, schließlich ist „Worship Music“ auch schon wieder knapp viereinhalb Jahre her – Mensch, wie doch die Zeit vergeht. Fakt ist, dass mit ANTHRAX weiterhin gerechnet werden muss. Und „For All Kings“ ist der Klang gewordene Beweis dafür.
Starkes Teil!
Anthrax liefern mit For All Kings ein Brett ab, zweifelsohne und stellen derzeit von den Big-Four-Releases 2015/16 derzeit definitiv den stärksten dar. Mal schauen, ob Metallica da noch drankommen.
Jeder einzelne Song auf dieser Platte ist stark – es gibt kein Füllmaterial. Trotzdem ragen doch einige, besonders gelungene Songs heraus „Suzerain“, „Breathing Lightning“, „Blood Eagle Wings“ und „Zero Tolerance“ (wunderbarer Schlusstrack!) seien hier genannt.
Generell lässt sich sagen, dass Anthrax ein groovendes Monster gezeugt haben – teilweise würde ich sogar sagen, dass dieses Album haarscharf am Groove Metal vorbei geflogen ist. Jedoch sei gesagt, dass Megadeth nach wie vor die bessere Gitarrenarbeit (dafür die schlechtesten Vocals) liefern, und Slayer in Sachen Aggressivität und diabolischen Gitarrenspiel („When the Stillness comes; jedoch grooven Slayer nicht/das Gitarrenspielt ist eher langsam) aufwarten.
Das beste Gesamtwerk der Big4 haben Anthrax geschaffen. Basta.
Klasse Scheibe! Würde da mit der Wertung auch direkt nochmal einen Punkt höher gehen wollen. Wird einfach nicht langweilig.