ANTHEMON sind eine Band, die es uns Redakteuren verdammt schwer machen. Unsere Aufgabe ist es, Musik zu beschreiben und in gegebene Schubladen einzuordnen (was im Übrigen nichts mit Schubladendenken zu tun hat).
Das gestaltet sich im Falle dieser Pariser Formation nun äußerst schwierig, denn auf „Dystopia“ findet so ziemlich jedes Genre seinen Platz, sei es Power Metal (klare Gesangslinien), Doom (selten geht es über Midtempo hinaus), Death Metal (Grunts sind auch am Start), Gothic (düster-klagende Atmosphäre), Black Metal (kurze Stellen von Raserei) oder Progressive Metal (Songstrukturen und das eigenwillige Keyboard). Anfangs erschlagen einen diese mannigfaltigen Einflüsse regelrecht. Doch hat man sich erstmal von diesem Stimmungsoverkill erholt, fällt auf, dass die sechs Musiker es auf ihrem Zweitwerk geschafft haben, atmosphärische Dichte mit (trotz latentem Avantgarde-Anspruch) durchweg schlüssigem Songwriting zu kombinieren. Natürlich gibt es ab und an ein paar dramaturgische Lücken (fast jeder Track hat Überlange), was jedoch keinesfalls verwunderlich ist. Logische Verbindungen zwischen den einzelnen Charakteristika zu finden, kann bei dieser Variabilität nicht einfach sein. Deswegen ist es umso erstaunlicher, wie sicher sich die Franzosen zwischen den Stilen bewegen und vor allem eines erfreulich konsequent vermeiden: das Überschreiten der dünnen Grenzlinie zwischen gekonnt epischem Pathos und überladenem Kitsch.
Aber zurück zu meinem eingangs erwähnten, schreiberischen Problem: Es fällt mir extrem schwer, vergleichbare Bands in den Raum zu werfen (was als Gütesiegel zu werten ist). Aber ich probiere es einfach mal: Man stelle sich vor, MOONSPELL gehen eine Liaison mit PARADISE LOST ein, packen ein paar DIMMU-Simen-Vocals dazu, mischen dies mit einem Keyboard, das nach einer Kreuzung aus Sythetik und Panflöte klingt, wobei all dies in einer düsteren MY DYING BRIDE-Atmosphäre mündet. Klingt gewöhnungsbedürftig? Ist es auch. Aber mit jedem weiteren Durchlauf eröffnet sich eine neue Gefühlswelt, die im Falle des Openers „Above Us“ sogar Hitqualitäten aufweist.
Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass „Dystopia“ einen Gemütszustand darstellt, der meist in misslichen, depressiven Lebensituationen auftritt. Für selbigen ist diese CD jedoch höchst tauglich.
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