Annisokay - Arms

Review

Konzessionsentscheidungen sind bei Reviews ebenso wie im Sport totaler Quatsch. Daher wird die neue ANNISOKAY-Scheibe natürlich nicht mehr Punkte bekommen, auch wenn ich mir eingestehen muss, dass „Devil May Care“ mindestens einen zu wenig erhalten hat. Jaja, die liebe Langzeitwirkung. „Arms“ kommt aber auch vollends ohne zusätzliche Bonuspunkte aus, denn die Hallenser zeigen, dass sie sich zu einem der interessantesten Szene-Aushängeschilder gemausert haben.

„Arms“ hat nahezu alles, was ein modernes Metalcore-Album braucht

Die Erklärung dafür ist denkbar einfach. „Arms“ hat so ziemlich alles, was von einem Metalcore-, oder wer es schöner mag, Post Hardcore-Album zu erwarten ist. Vor allem zum Auftakt glänzen ANNISOKAY mit einem Hattrick in gut elf Minuten. Der Opener „Coma Blue“ gibt die Marschrichtung aus Groove, viel Drive und einem höchst gelungen Wechselspiel aus Härte und Emotionalität vor. Ein paar djentige Gitarren, Gebrüll da, zarter Gesang und Melodie dort – gemischt zu einem ohrwurmtauglichen Cocktail, der sofort sitzt. „Unaware“, das schon vorab veröffentlicht wurde, setzt irgendwo zwischen treibender, anpeitschender Rhythmik und poppigen Refrains in Sachen Suchtpotenzial sogar noch einen drauf. Natürlich nicht ohne Dramatik und ruhigem Zwischenpart, die den Song schon jetzt zu einem Hit machen. Das gilt aber auch für „Good Stories“, das vor allem im klargesungenen Refrain abräumt – starkes Ding!

Und danach? Eine berechtigte Frage, die ANNISOKAY zum Glück ohne viel Füllmaterial beantworten. Die Rezeptur ist natürlich gleichzeitig Identität der Band – Überraschungen bleiben eine Seltenheit, kommen aber vor. So ist der Rap-Part in „Private Parades“ zweifellos ungewohnt, fügt sich in das Universum von „Arms“ aber gut ein. Auch sonst gibt es noch Hits zu bestaunen, die in eine ähnliche Kerbe schlagen und immer eine unterschiedliche, emotionale Facette bieten, sodass die Liste der Anspieltipps mindestens um „Innocence Was Here“, „End Of The World“ und „Escalators“ anwächst. Der Rest muss sich keineswegs verstecken, und die Suche nach Ausfällen ist vergebens. Es sind maximal Kleinigkeiten, die einen Song wie „One Second“ im Gegensatz zum Rest abfallen lassen.

ANNISOKAY haben ihr bisher stärkstes Werk abgeliefert

Dazu haben ANNISOKAY zu viele Stärken auf ihrer Seite, die ihnen bei jenen, die Klargesang verabscheuen, natürlich negativ ausgelegt werden. Aber die Herangehensweise ist hervorragend. Dramaturgisch gutes Songwriting, große Refrains und eben in Christoph Wieczorek einen Gitarristen, der stimmlich ausdrucksstark viele Emotionen transportiert, ohne dabei in generisches Gejammer zu verfallen – trotz hoher Parts. Auch Frontmann Dave Grundewald zeigt sich bei den Screams facettenreich – über die melodische Abwechslung bei den Leads brauchen wir gar nicht zu sprechen. „Arms“ ist das stärkste Album der Band, das eine beeindruckende Hitdichte offeriert, klarer Kauftipp!

13.08.2018

Chefredakteur

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