Anita Lane - Sex O'clock

Review

Mal ehrlich: Auch wenn die Musik natürlich im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sollte, ein bescheidenes Cover und ein noch schlechteres Booklet sind nicht die besten Vorraussetzungen, um „unbefangen“ an eine CD zu gehen. So auch im Falle von „Sex o’clock“ von der mir bis dato unbekannten, aber im Booklet furchtbar aufgemotzt grinsenden Anita Lane. Nicht sehr hübsch, noch weniger sympathisch. Nach ersten Höreindrücken hätte ich die Musik irgendwo zwischen Nick Cave und PJ Harvey eingeordnet, wenngleich weniger dramatisch und düster als von dem ehemaligen Birthday Party-Mitglied und etwas leichter verdaulich. Zunächst wollte ich mir diesen eher positiv ausfallenden Vergleich angesichts der abgebildeten Mrs. Lane nicht so recht eingestehen, mit zunehmendem Konsum der vorliegenden Veröffentlichung aber erhärtete sich der Verdacht, daß meine Vorurteile gegenüber der Interpretin schlicht unangebracht waren. Schließlich wurde ich noch auf den Lebenslauf von Anita Lane aufmerksam, die ebenso wie Nick Cave aus Australien stammt, ganz zufällig Co-Autorin einiger Birthday Party-Songs war und ihre musikalischen Wurzeln zudem im Dunstkreis zwischen Nick Cave und Blixa Bargeld geschlagen hat. Mitverantwortlich für die Songs und die Produktion von „Sex o’clock“ ist auch noch Mick Harvey, der Gitarrist der Bad Seeds und Bruder von PJ, was den Kreis vollends schließt und obigen Vergleich sinnvoll erscheinen läßt. Die Stücke leben in erster Linie von dem Gesang von Anita Lane, der mal lasziv („The next man that I see“), mal melancholisch („Home is where the hatred is“) oder unbeschwert („A light possession“) klingt, um im nächsten Moment fast schon brutal selbstzerstörerisch zu wirken („I hate myself“). Das Instrumentarium kann ebenso wie die musikalische Begleitung uneingeschränkt mit Nick Cave and the Bad Seeds verglichen werden, sehr cool, souverän und vollständig dem Gesang untergeordnet. Hatte ich Anita Lane im Vergleich zu Nick Cave anfangs noch als besser verdaulich eingestuft, so wurde ich auch hier mit der Zeit eines besseren belehrt: „Sex o’clock“ läßt den Zuhörer trotz einer oberflächlichen Leichtigkeit unmerklich in gedankenloser Schwermut und Melancholie versinken. Glaubt man irgendwann, den Tiefpunkt bereits erreicht zu haben, tritt Anita Lane kurz vor Schluss mit dem tieftraurigen, deprimierenden „Petrol Wife“ nochmals unnachgiebig nach, um die letzten Überreste von Zuversicht oder Übermut zu vertreiben. Perfekt für kommende Herbst- und Winterabende.

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20.10.2001

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