Angizia - Des Winters Finsterer Gesell

Review

Zum Glück werden die Abstände zwischen den ANGIZIA-Alben wieder kürzer, nachdem nach „Ein Toter fährt gern Ringelspiel“ (2004) eine lange Durststrecke lag und erst 2011 der Nachfolger in Form von „kokon. Ein schaurig-schönes Schachtelstück“ folgte. Nun liegt also erfreulicherweise überraschend schnell das siebte Album „Des Winters finsterer Gesell“ vor. Ein Schnellschuss?

„Des Winters finsterer Gesell“ ist ein grausamer, knallhart-kalter, winterlicher Alpenthriller. Da gibt es den finsteren Gesell, welcher mit seinem Knecht Anatol, wieder einmal eine schrille, clowneske Figur in der Welt von ANGIZIA, loszieht, um blutige Morde zu begehen. Die Geschichte wird lebendig durch die Darstellung der Gedanken, durch die Gespräche der Protagonisten, der Stimme der Waldfrau, welche die Erzählerin darstellt, aber auch durch die verwendeten Naturgeräusche wie durch Bäume wehender Wind, gedämpfte Schritte im Schnee, plätscherndes Wasser. Das alles wirkt derart authentisch Naturnah und intensiv, dass man die bittere Kälte des Winters, im heimischen Wohnzimmer förmlich zu spüren vermag, und irgendwie wirkt das Ganze wie eine poetische Hommage an diese Jahreszeit. Es macht sich eine frostige Atmosphäre breit, als stünde man inmitten der Alpen und würde Zeuge dieser Geschichte aus Natur und Mord.

Unkonventionell war das Schaffen von ANGIZIA schon immer, das trifft auf den beschriebenen Plot von „Des Winters finsterer Gesell“ genauso zu wie auf die musikalische Umsetzung der Lyrik. Und auch diese entführt den Hörer in die verschneiten Alpen des Winters, ist eine Mischung aus erbarmungsloser, eisiger Grausamkeit und überladenem Prunk. Mit klassischen Instrumenten, im Vordergrund selbstredend wieder das virtuos gespielte Piano, wie Cello und Violine, brillieren ANGIZIA wieder einmal auf ihre einzigartige Weise. Passend zur erzählten Geschichte präsentiert sich die Musik dieses Mal deutlich härter und Gitarrenlastiger, so ist „Des Winters finsterer Gesell“ heavier und rauer als alles, was ANGIZIA seit der Jahrtausendwende veröffentlicht haben, und eine gewisse Nähe zum Black Metal ist angesichts der dunklen Atmosphäre nicht zu leugnen. Doch der Winter hat durchaus auch romantische Momente, und auch diese fließen in die Musik ein, ruhig und gemütlich, mit Piano-Soli und der wunderschönen Stimme von Irene Denners. Und es gibt klassische Referenzen, so wurde geschickt Franz Schubert zitiert. Und natürlich sind da noch die einzigartigen, charakteristischen Stimmen von Michael Haas, Irene Denner und Jochen Stock (DORNENREICH), welche das musikalische Schaffen von ANGIZIA zu einem besonderen Hörerlebnis machen und einen wichtigen Anteil zur extremen Theatralik beitragen.

Im Vergleich zum beklemmenden „kokon. Ein schaurig-schönes Schachtelstück“ wirkt „Des Winters finsterer Gesell“ offener, naturbezogener, aber auch kälter, harscher, härter.

ANGIZIA haben ihren ureigenen, kompromisslosen Stil weiter perfektioniert, haben neues erschaffen und gleichzeitig Erinnerungen an ihr frühes Wirken aufleben lassen. „Des Winters finsterer Gesell“ ist ein unglaublich intensives Album, mit viel Liebe zum Detail, einer schaurig blutigen Geschichte und der passenden überwältigend kalten musikalischen Umsetzung. Für Musikliebhaber mit dem Hang zum Besonderen unbedingt zu empfehlen!

25.04.2013

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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